zum Hauptinhalt
Mit ihm ein Riese, ohne ihn einfach nur gut. Würde Kevin de Bruyne den VfL Wolfsburg noch kurzfristig verlassen, wären auch die Titelhoffnungen futsch.

© dpa/Gambarini

Bundesliga-Saisonvorschau (17): VfL Wolfsburg: Kevin de Bruyne macht den Unterschied

Am 14. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 53. Saison. In unserer Serie testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 17: VfL Wolfsburg.

Von Christian Otto

Was hat sich verbessert?

Das Image des Klubs. Autobauer-Verein, finanziell getunt von VW, traditionsfreier Erstligist – was hat sich dieser arme und doch sehr reiche VfL Wolfsburg nicht schon alles anhören müssen. Aber seitdem die Niedersachsen auf nationaler Ebene zum stärksten Herausforderer des FC Bayern München aufgestiegen sind, fallen ihre monetären Sünden nicht mehr ganz so stark ins Gewicht. Natürlich kauft der Verein immer noch sehr großzügig ein. Aber unter der Regie von Geschäftsführer Klaus Allofs und Trainer Dieter Hecking ist der VfL ein wenig normaler geworden.

Wer sind die Stars?

Nichts gegen Weltmeister André Schürrle und Neuzugang Max Kruse. Aber an einem ganz normalen Wolfsburger Trainingstag ist leicht zu erkennen, wer die mit Abstand größte Nummer beim VfL ist. Wenn Kevin de Bruyne mit hochrotem Kopf in Richtung Dusche aufbricht, eilt die Mehrheit der Fans in seine Richtung, um ein Autogramm oder Selfie zu erhaschen. Dass der Belgier der Fußballfirma aus Wolfsburg so viel Aufmerksamkeit beschert, liegt an seinen außergewöhnlich guten Auftritten im Mittelfeld, hat aber auch eine Schattenseite. Seit Wochen bemüht sich der VfL, Gerüchte über einen vorzeitigen Wechsel von de Bruyne zu verscheuchen. Leider klappt das so gut wie gar nicht. Selbst der Berufsoptimist Allofs lässt allmählich anklingen, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, wie lange Wolfsburg de Bruyne noch halten könne.

Wer hat das Sagen?

Abseits des Rasens Klaus Allofs. Der Mann könnte sogar Fords in Wolfsburg verkaufen. Die werbliche Eloquenz des Geschäftsführers ist beachtlich. Kaum ein Fernsehinterview, das Allofs auslässt, damit ist er das Gesicht der Tochterfirma. Glaubwürdig wirkt er dabei nicht immer: Der Geschäftsführer kennt zwar meist die Wahrheit, aber weiß sie hinter Worthülsen zu verbergen.

Was erwarten die Fans?

Eine Saison mit großen Taten und vielen schönen Reisen. Die guten Auftritte in der Europa League sollen in dieser Spielzeit durch schöne Momente in der Champions League beerbt werden. Zunächst einmal in sechs Gruppenspielen darf der Klub zeigen, ob er schon gut genug für den ganz großen Fußball ist. Die Vorfreude bei den Fans ist enorm groß. Dass sich ihr Verein solch hochkarätige Spieler wie Schürrle, Kruse und de Bruyne leisten kann, erfüllt alle mit Stolz. Das Schwärmen in der Fankurve ist mit der Hoffnung verbunden, dass sich solche Stars auch wirklich mit dem Verein identifizieren und nicht nur wegen eines schnellen Dienstwagens und für ein stattliches Salär zum VfL gewechselt sind.

Was ist in dieser Saison möglich?

Eine ganze Menge. Ob aber sogar noch mehr möglich wird ist als die Vizemeisterschaft, hängt nur indirekt vom VfL Wolfsburg ab. Der Verein ist im Fernduell mit dem übermächtigen FC Bayern von dessen Launen und Schwächen abhängig. Insgesamt sind die Niedersachsen mit Blick auf das Titelrennen aber durchaus wettbewerbsfähig, weil sie mittlerweile mit einem großen Schuss Gelassenheit vorgehen. Als besonnener Trainer lebt Hecking Normalität vor, die erdet und zusammenschweißt. Gerade hat er bis 2018 verlängert. Kurz vor dem Start der Bundesliga wirkt es fast so, als ob der FC Bayern und sein nicht mehr unumstrittener Übungsleiter Pep Guardiola in erster Linie mit hausinternem Ungemach beschäftigt sind. Wolfsburg dagegen schickt eine eingespielte Mannschaft ins Rennen und hinterlässt einen sehr gefestigten Eindruck. Die Chance auf die Meisterschaft dürfte allerdings sofort futsch sein, falls de Bruyne kurzfristig doch noch zu einem zahlungskräftigen Verein wie Manchester City wechselt.

Und sonst?

Bleibt noch die Frage, wie sachlich diese VfL-Mannschaft eigentlich ihrem Job nachgeht. Schürrle ist ehrlich genug, um zu verraten, dass es in der Wolfsburger Umkleidekabine bisher noch keinen echten DJ gibt. Man kommt eben zur Arbeit und hat entweder kleine Stöpsel im Ohr oder diese großen Kopfhörer im Mickey-Mouse-Stil aufgesetzt. Einer unten ihnen benötigt offenbar keine laute Musik und Animation, um sich in Stimmung zu bringen. Der Portugiese Vieirinha gilt als der mit Abstand größte Spaßvogel im multikulturell angehauchten VfL-Kader. Auch der Däne Nicklas Bendtner sorgt auf seine Weise für Lacher. Dem Reservisten, Stürmer und Mode-Fan gelingt vor allem im Internet ein Volltreffer nach dem anderen. Tag für Tag inszeniert er mit Fotoveröffentlichungen bei Instagram sein Leben als Jetset-Profi. Bendtner beschert dem VfL Wolfsburg einen Hauch von Glamour. Im Wettstreit um ein besseres Image und bundes- bis europaweite Aufmerksamkeit können solch extravagante Farbtupfer nicht schaden.

– Morgen Folge 18: Bayern München

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false