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Der Ex-Unioner Rafal Gikiewicz verbreitet jetzt in Augsburg gute Laune.

© Imago

Bundesliga-Saisonvorschau (4): Der FC Augsburg sucht eine neue Hierarchie

Unions ehemaliger Torwart Rafal Gikiewicz bereut seinen Wechsel nicht: Beim FC Augsburg steht der Gewinnertyp für eine neue Mentalität.

Am 18. September startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. In unserer Serie testen wir die Vereine. Heute Teil vier: FC Augsburg.

Was hat sich verbessert?

Die Besetzung der Schlüsselposition Torwart – so erhoffen es sich zumindest Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter und Trainer Heiko Herrlich. Der vom 1. FC Union geholte Rafal Gikiewicz soll die unumstrittene Nummer eins sein, die der FCA seit dem Weggang von Marwin Hitz 2018 nach Dortmund nicht mehr hatte. Vergangene Saison enttäuschte der Tscheche Tomas Koubek, den man aber nur mit großem Wertverlust – die Ablöse hatte 7,5 Millionen Euro betragen – verkaufen könnte, weswegen er bleiben darf.

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Dass Koubek, der noch vier Vertragsjahre in Augsburg vor sich hat, besser wird, dafür soll Kristian Barbuscak sorgen, der neue Torwarttrainer. Rafal Gikiewicz ist von Barbuscak so begeistert, dass er – so erzählt er es – nach jedem Training seine Frau anruft und ihr versichert, wie richtig es gewesen sei, in Augsburg zu unterschreiben.

Wer sind die Neuen?

Neben Gikiewicz setzt der FCA auf Tobias Strobl (Mönchengladbach) und Daniel Caligiuri (Schalke). Nicht das übliche Augsburger Beuteschema – abgesehen von der Ablösefreiheit dieser drei Zugänge. Doch der Verein glaubt, im Kader ein paar gestandene Kräfte haben zu müssen. Dem Bestandspersonal, monierte Stefan Reuter, sei die Siegeslust abhanden gekommen, es sei schon mit Lob statt Punkten zufrieden. Die Neuen würden mit ihrer Mentalität wachrütteln.

Wer hat das Sagen?

Es soll sich eine neue Hierarchie herausbilden. Daher wurde dem Urgestein und logischen Kapitän Daniel Baier, schon in der Zweiten Liga dabei, eine Vertragsauflösung nahegelegt (wenige Monate nach der Vertragsverlängerung – goldener Handschlag also). Auch dem intern einflussreichen (Ersatz-)Torwart Andreas Luthe (zu Union) wurde bedeutet, dass er einem Neuanfang nicht im Wege stehen soll.

[Eine Stadt, zwei Bundesligisten: Alle Entwicklungen rund um den 1. FC Union und Hertha BSC finden Sie bei uns in jeweils eigenen Blogs]

Caligiuri und Strobl werden im Teamgefüge hoch einsteigen. Ein Spitzen-Ranking haben allerdings auch Rani Khedira als Immer-Spieler im defensiven Mittelfeld und wegen seiner 13 Tore und seiner herzlichen Art Stürmer Florian Niederlechner. In der Abwehr wird sich Jeffrey Gouweleeuw dem jüngeren Felix Uduokhai, dessen Leihe aus Wolfsburg in einen festen Kauf umgewandelt wurde, unterordnen müssen.

Was erwarten die Fans?

Auf Jahreshauptversammlungen sagt Manfred Ringer, der Leiter der einzigen Nicht-Fußball-Abteilung des Fußball-Clubs Augsburg, der Skifreunde, immer, dass er nach der Europa-League-Saison 2015/16 gerne ein paar weitere Stadien im Ausland kennenlernen würde. Die Ringer-Rede ist ein verlässlicher Entertainmentfaktor. Dass es noch einmal bis auf Platz fünf geht, ist ausgeschlossen, die Fans sind realistisch genug. Mit einer Saison ohne Zittern und im gesicherten Mittelfeld wären sie zufrieden. Was die Anhänger aber definitiv sehen wollen: dass der FCA initiativer agiert. Das reine Umschaltspiel, das Martin Schmidt, in der Vorsaison entlassener Trainer, zum Credo erhob, kam nicht gut an. Auch dass Augsburg mit die schlechteste Passquote der Bundesliga hatte, wurde moniert.

Was ist in dieser Saison möglich?

Vorige Saison wurde der FCA als Abstiegskandidat gehandelt, diesmal dürfte die Einschätzung etwas positiver ausfallen. Schließlich haben die Augsburger einige gute Kicker wie den selbst herangezogenen Marco Richter oder den zum Schweizer Nationalspieler gereiften Ruben Vargas. In der Offensive hat Trainer Heiko Herrlich mit dem Sprinter Noah Sarenren Bazee und Routinier André Hahn sowie mit einem vielleicht hoffentlich mal etwas weniger verletzungsanfälligen Alfred Finnbogason eine breite Auswahl. Und Michael Gregoritsch ist nach einem halben Jahr auf Schalke zurück – und mangels alternativer Angebote zum Neuanfang entschlossen. Zwischen Platz zehn und zwölf könnte der FCA schon einlaufen.<IP21.6,0,0>

Und sonst?

Stefan Reuters ruhige Hand ist zittrig geworden. Der 53 Jahre alte Manager, der lange als bedächtig galt, hat in den vergangenen vier Jahren auf der Trainerposition ein Heuern und Feuern veranstaltet (Dirk Schuster/nach fünfeinhalb Monaten entlassen, Manuel Baum/nach 16 Monaten, Martin Schmidt/nach elf Monaten, nun seit März Reuters früherer Dortmunder Mitspieler Heiko Herrlich). Viele personelle Fehlschüsse wird sich der Weltmeister von 1990 nicht mehr leisten können. In der Lokalpresse ist der aufgewühlte Anti-Reuter-Leserbrief zum Standard geworden.

Bisher erschienen:

Teil 1: VfB Stuttgart – sympathisch und unerfahren wie nie
Teil 2: Arminia Bielefeld ist immer für eine Überraschung gut
Teil 3: Werder Bremen will endlich wieder Spaß

Günter Klein

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