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Sport: Bundesliga-Start: Der Fatalismus der Liga

Jeder Schiedsrichter sagt es, jeder Stadionsprecher hat es im Repertoire. "Wir wünschen der Begegnung einen spannenden und fairen Verlauf.

Jeder Schiedsrichter sagt es, jeder Stadionsprecher hat es im Repertoire. "Wir wünschen der Begegnung einen spannenden und fairen Verlauf." Der Standardsatz des sportkameradschaftlichen deutschen Fußballs. Er wird auch vor Auftritten des FC Bayern München zum Vortrag gebracht werden, aber ohne echte Überzeugungskraft. Fair? Das schon. Aber spannend? Keine Chance. Wenn der Meister ein Match knapp gewinnt, dann endet es 3:1 - damit bescheidet er sich auf höchstem internationalen Niveau, etwa gegen Galatasaray Istanbul (Uefa-Cup-Sieger) oder Manchester United (Branchenführer beim Umsatz, börsennotiert, megareich). Gegen Teams aus Deutschland gewinnt der FCB 4:1 - Siege nach BIN (Bayerische Industrie-Norm).

Die 38. Saison der Fußball-Bundesliga ist die erste, die mit einer Kapitulation beginnt. 17 Klubs sind der festen Überzeugung, mit der Klasse des 18. nichts zu tun zu haben. Weil die Bayern ganz einfach die Mannschaft der Superlative stellen: die meisten Nationalspieler und den besten Nicht-Nationalspieler, die lustigsten Brasilianer, den beliebtesten Teenagerstar (obwohl Mehmet Scholl demnächst 30 wird), den deutschesten Mittelstürmer, den schnellsten 100-m-Läufer der Nation (Leichtathleten inklusive), den Torwart mit den gewinnbringendsten Börsentipps, die dominantesten Spielerfrauen (Martina E.), den Manager mit den meisten Fernsehauftritten, den Spieler mit dem kompliziertesten Namen (Slawomir Wojciechowski), den Präsidenten mit dem dicksten Miles-and-more-Konto, den protzigsten Verwaltungsbeirat (u. a. B. Becker, H. Markwort, E. Stoiber), den Klubarzt mit den heilendsten Händen, das Stadion mit dem schönsten Dach. Und wenn wirklich einmal sportlich alle Stricke zu reißen drohen, dann hat der FC Bayern immer noch seinen netten Nachbarn Unterhaching. Gegen die Münchner kommt keine Macht der Welt an. Glaubt die Konkurrenz.

Oder gibt es doch Hoffnung? Kurz vor dem Bundesligastart läuft eine Meldung der Art, die für gewöhnlich als Hiobsbotschaft bezeichnet wird. Stefan Effenberg und Jens Jeremies sind verletzt und fallen für einige Wochen aus. Wird nun doch alles anders? Ein Vorteil für Leverkusen, Hertha, Dortmund und Co.?

Iwo! Selbst die Ausfälle von Effenberg und Jeremies sind nur Teil des raffinierten Saisonplans aus der Strategiezentrale an der Säbener Straße. Effenberg out - das bedeutet: Freiräume für Thorsten Fink, der so gerne ein beachteter Typ sein will, und Beschleunigung des Integrationsprozesses bei Ciriaco Sforza. Und irgendwann im Herbst kommen Effenberg und Jeremies. Stark, frisch, strahlend. Bis dahin werden die Bayern ein paar Spiele halt nur 3:1 gewinnen. Glaubt jedenfalls ganz fest: die Fatalismus-Liga.

Günter Klein

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