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Bundesliga: Was für Herthas Rettung spricht - und was dagegen

Der Kopf sagt: Es ist unmöglich. Das Herz: Vielleicht geht noch was. Für Hertha BSC beginnt bei Hannover 96 das Unternehmen Wunder. Zehn Punkte muss der Tabellenletzte aufholen, um wenigstens den Relegationsplatz zu erreichen. Gibt es noch Hoffnung?

Der Kopf sagt: Es ist unmöglich. Das Herz: Vielleicht geht noch was. Heute beginnt für Hertha BSC bei Hannover 96 das Unternehmen Wunder, zehn Punkte muss der Tabellenletzte aufholen, um wenigstens den Relegationsplatz zu erreichen. Gibt es noch Hoffnung?

Was für Herthas Rettung spricht

Das Auftaktprogramm: 14, 11, 16 – das sind die aktuellen Platzierungen der ersten drei Gegner, auf die Hertha BSC in diesem Jahr trifft. Oder in Worten: Hannover, Mönchengladbach, Bochum. Es hätte also schlimmer kommen können. „Der Start ist am wichtigsten“, sagt Herthas Routinier Pal Dardai, der noch aufgrund der Folgen seiner Sprunggelenksverletzung ausfällt. „Nach einem guten Start kann man viel bewegen.“

Die Heimspiele: Gefühlt liegt die Leichtathletik-WM in Berlin eine kleine Ewigkeit zurück. Sommer war’s, die Sonne schien. Doch es könnte sein, dass Hertha gerade jetzt, im tiefen Winter, noch von der Weltmeisterschaft profitiert. Weil die Berliner wegen der Großveranstaltung im Olympiastadion zweimal hintereinander auswärts antreten mussten, beschert ihnen der Spielplan im Januar zwei Heimspiele am Stück. Nach dem Auftakt in Hannover empfängt Hertha Gladbach und Bochum vor eigenem Publikum. Überhaupt spielen die Berliner in der Rückrunde einmal häufiger zu Hause als auswärts. Das ist zumindest kein Nachteil. Hertha ist die schlechteste Auswärtsmannschaft der Liga. In neun Spielen holte die Mannschaft gerade einen Punkt. Zu Hause waren es zwar auch nur fünf – aber das sind immerhin fünfmal so viele wie auswärts.

Die Vorbereitung: Im Vergleich zu Friedhelm Funkel ist ein buddhistisches Mantra spannend und abwechslungsreich wie ein Hollywood-Thriller. Von Differenzierung hält Herthas Trainer in diesen Tagen wenig: Einfach alles ist gut. „Wir haben alles richtig gemacht“, sagt Funkel über die Vorbereitung. Ob das der Realität entspricht, sei mal dahingestellt. Wichtig ist, dass die Spieler an Funkel und seine Zuversicht glauben. Das tun sie. „Wir haben gut trainiert und den Zusammenhalt weiter vorangetrieben“, sagt Arne Friedrich.

Die Neuzugänge: Wer im Winter seinen Kader massiv verändert, wird von der Konkurrenz gerne ein bisschen scheel angeschaut. Was um den Jahreswechsel auf dem Markt ist, gilt gemeinhin als Restposten. Vor diesem Hintergrund hat sich Hertha mehr als anständig verstärkt. Lewan Kobiaschwili erlöst die Berliner von ihrem fahrigen Linksverteidiger Nemanja Pejcinovic, Roman Hubnik hinterließ in der Vorbereitung einen sehr reifen Eindruck als Innenverteidiger, und bei Theofanis Gekas gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder er steht im Abseits, oder er schießt ein Tor. „Mit den Neuen werden wir offensiv und defensiv besser sein als in der Hinrunde“, sagt Kapitän Friedrich. Schlechter geht ja auch nicht.

Die Erwartungen: Ein bisschen wird es in der Rückrunde wieder so sein wie in der erfolgreichen Vorsaison – nur auf bescheidenerem Niveau: Nach sechs Punkten aus 17 Spielen wird Hertha von niemandem mehr ernst genommen. „Im Prinzip können wir nur gewinnen“, sagt Friedrich. „Alle haben uns abgeschrieben, nur wir haben uns noch nicht abgeschrieben.“ Unterschätzt zu werden bekommt den Berlinern auf jeden Fall besser, als über alle Maßen ernst genommen zu werden.

Was gegen Herthas Rettung spricht

Das Auftaktprogramm: 16, 17, 15 – das waren die Platzierungen des SC Freiburg, des 1. FC Nürnberg und des 1. FC Köln, als Hertha BSC in der Vorrunde gegen diese drei Mannschaften angetreten ist. Alle drei Spiele hätten die Berliner eigentlich gewinnen müssen, alle drei haben sie verloren, und das nach zum Teil blamablen Leistungen. Gerade in den Begegnungen, in denen die Mannschaft musste, konnte sie nicht. Das lässt für den Start in die Rückrunde Schlimmes befürchten: Hannover, Gladbach, Bochum, also bitte, das sind Gegner, die man einfach schlagen muss. Eben.

Der Abstand: Die Statistik spricht nicht gegen Hertha – sie schreit geradezu gegen Hertha. Noch nie hat eine Mannschaft den Klassenerhalt geschafft, die zur Saisonhälfte derart wenige Punkte auf ihrem Konto hatte. Um es noch einmal plastisch auszudrücken: Die Berliner müssen in der Rückrunde mehr Punkte aufholen (zehn), als sie vor der Winterpause überhaupt geholt haben (sechs). Unmöglich? Eintracht Frankfurt hat vor exakt zehn Jahren mit zehn Punkten Rückstand zur Winterpause den Klassenerhalt noch geschafft – weil die Mannschaft unter ihrem neuen Trainer Felix Magath in der Rückrunde 30 Punkte einspielte. Friedhelm Funkel hat sich in der Winterpause hingesetzt und eine eigene Rechnung aufgestellt. Das Ergebnis: Seine Mannschaft sammelt bis zum Saisonende noch 28 Punkte. „Das ist machbar“, sagt Funkel. Stimmt. Werder Bremen, ein Spitzenteam und Anwärter auf die Meisterschaft, hat das in der Vorrunde geschafft.

Der Druck: Bei aller Zuversicht, die Hertha derzeit verbreitet – insgeheim wissen wohl auch die Spieler, dass mit jeder Niederlage schon alles vorbei sein kann. Arne Friedrich sagt zwar: „In der Hinrunde sind wir durch ein Stahlbad gegangen.“ In der Rückrunde aber wird es kaum komfortabler zugehen. Die Berliner werden immer mit der Gewissheit spielen, dass sie am Abgrund wandeln und jeder Ausrutscher fatale Folgen hat. Das ist nichts für schwache Gemüter. „Man muss vergessen, was in der Tabelle steht“, sagt Pal Dardai. Das Problem ist: Die Tabelle vergisst es nicht.

Die kurze Winterpause: In der Hinrunde mussten die Berliner manchmal das Gefühl haben, dass sich alles, wirklich alles gegen sie verschworen hatte. Der Spielplan kommt nun noch hinzu. Die Winterpause ist so kurz wie zuletzt vor 30 Jahren; gerade jetzt, da Hertha Zeit dringend nötig hätte. Für seine Stammelf hat Funkel vier Spieler vorgesehen, die in der Hinrunde noch nicht dabei waren, neben den drei Winterverpflichtungen auch noch Florian Kringe, der sich unmittelbar nach seinem Wechsel zu Hertha verletzt hatte. Das heißt, mehr als ein Drittel der Mannschaft wird ausgetauscht. Wer sagt, dass sie nach nicht mal zwei Wochen Training schon perfekt eingespielt ist, ist kein Optimist – sondern ein Fantast.

Der Trainer: Es gibt ein ziemlich untrügliches Zeichen für die beginnende Resignation bei Hertha (oder zumindest im Umfeld): dass Trainer Friedhelm Funkel und sein Wirken bisher nicht einmal im Ansatz infrage gestellt wurden. In den zehn Bundesligaspielen unter seiner Regie holte die Mannschaft ganze drei Punkte; gewonnen hat sie kein einziges Mal. Eine solche Bilanz löst in der Regel eine mehr als heftige Trainerdiskussion aus. Nicht so in Berlin. Wozu noch den Trainer wechseln? Bringt doch eh nichts mehr.

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