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Mund abputzen. Lukas Podolski ist zwar weiter Volksheld in Köln, die Kapitänsbinde ist er aber los.

© Reuters

Bundesligisten im Test (9): 1. FC Köln: Podolski wird Messi

Der 1. FC Köln hat seinen Star Lukas Podolski degradiert und tauscht erstmals Folklore gegen eine Strategie. Kann das gutgehen?

Am 5. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre neue Saison. In unserer Serie testen wir täglich Stärken, Schwächen und Marotten der Vereine. Heute: 1. FC Köln.

Was hat sich verbessert?

Das Catering im Stadion. Sagt jedenfalls Geschäftsführer Claus Horstmann. Und die Ausgangslage: Besser als von Platz 10 aus ist der FC seit gefühlten hundert Jahren nicht mehr gestartet (tatsächlich sind es 14 Jahre). Und die Mannschaft, die in der Rückrunde 29 Punkte holte (eine ebensolche Hinrunde, und es wäre Platz 5 geworden) ist im Kern zusammengeblieben. Michael Rensing, Christian Eichner und Slawomir Peszko kamen bereits in der Winterpause, neu dabei ist, für zwei Millionen Euro Ablöse, Sascha Riether aus Wolfsburg. Neu ist auch der Trainer: Stale Solbakken, zuvor beim Dänischen Meister FC Kopenhagen. Der Norweger taktiert anders als seine Vorgänger Soldo und Schaefer auf internationalem Niveau und harmoniert bestens mit Sportdirektor Volker Finke (siehe auch: „Wer hat das Sagen im Verein?“). Zusammen stehen sie für den seit Jahren ersten ernsthaften Versuch, den stimmungsabhängigen Folklorefaktor zugunsten einer mittelfristig wirksamen Strategie zurückzudrängen.

Wer sind die Stars?

Podolski, Podolski und Podolski, an das kölsche Dreigestirn kam lange keiner ran. Im dritten Jahr nach seiner Rückkehr aus München muss der sensible Prinz aber um diesen Status erstmals richtig kämpfen. Die Kapitänsbinde, die ihm soviel Spaß gemacht hat, ist er wieder los, die trägt jetzt Geromel, ein eher heimlicher Star. Die Entscheidung gegen Podolski ist plausibel: Er steht nicht im Verdacht, sich zu viele taktische Gedanken zu machen. Dafür spielt Podolski in dieser Saison aber mit gelben Schuhen, so wie Messi, und der ist ja auch nicht Kapitän.

Wer hat das Sagen im Verein?

Als Sportdirektor Volker Finke gegen Ende der vergangenen Saison den kölschen Herzbuben Frank Schaefer von der Trainerbank vergraulte, war die Stimmung im Verein am Nullpunkt. Dann setzte er sich selbst für drei Spiele nach unten und holte neun Punkte, drei davon gegen Leverkusen, drei weitere gegen Schalke. Jetzt kann ihm keiner mehr was. Dass die K-Frage überhaupt gestellt und dann gegen Podolski entschieden wurde, belegt die neue Machtstruktur. Christoph Daums Geraune aus der Ferne, Präsident Overath müsse eingreifen, um Poldi die Binde zu sichern, verhallte folgenlos. Overath ist heute schon froh, wenn ihn niemand mit ollen Kamellen bewirft.

Wie steht es um die Finanzen?

Mühsam ernährt sich der Geißbock. Die zehn Millionen für Lukas Podolski, die vor drei Jahren nach München überwiesen wurden, kamen zwar von Herzen, fehlen aber immer noch. Auch schleppt der Verein einige Sozialfälle aus der spätrömischen Dekadenzepoche unter Michael Julius Meyer mit sich herum; alle Versuche, sie anderen anzudrehen, sind gescheitert. Finke kann nur hoffen, dass niemand auf die Idee kommt, das Renteneintrittsalter für Fußballprofis zu erhöhen. Acht jüngere Spieler hat Finke verliehen, damit sie anderswo reifen können, alles unter dem Motto: Augenmaß und Weitsicht.

Was erwarten die Fans?

Schon längst nicht mehr zu viel. Obwohl: Dieser Solbakken soll sich ja besten auskennen mit der Champions League… Aber im Ernst (falls es den in Köln überhaupt gibt): Eine Verbesserung der Bilanz aus den Spielen gegen den Tabellendrittletzten der vergangenen Saison wäre auch schon ganz nett. Das schlug doch zuletzt arg aufs Gemüt.

Was ist in dieser Saison möglich?

Offizielles Ziel ist das gesicherte Mittelfeld, der Trainer sagt sogar: einstellig - wenn sich kein wichtiger Spieler verletzt. Na, dann geht’s ja gut los: Bei der Testspielniederlage gegen Arsenal blieb Torwart Michael Rensing liegen – mit Innenbandzerrung und schwerer Knochenprellung. Ob er zum Saisonauftakt fit wird, ist noch nicht klar. Viel hängt auch davon ab, ob die eigentlich starken Innenverteidiger Geromel und Mohamad damit aufhören, immer gleichzeitig „Nimm du ihn“ zu denken, was in der vergangenen Saison öfter mal vorkam. Abergläubig sollte man als FC-Fan in dieser Saison übrigens besser nicht sein. Als der FC das letzte Mal auf Platz 10 abschließen konnte, damals, vor 14 Jahren, hatte die Mannschaft ebenfalls exakt 44 Punkte geholt. Im Jahr darauf ging’s abwärts in die Zweite Liga.

Und sonst?

Michael Rensing hat sich das Wort „Misericordia“ auf den Rücken tätowieren lassen. Zu viel Barmherzigkeit sollte er aber weder erwarten noch walten lassen.

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