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Weißt du noch, das Sommermärchen? Angela Merkel und Jürgen Klinsmann teilen Erinnerungen.

© Imago/Karina Hessland

Bundestag in Erfurt: DFB-Präsident Grindel hat alles erledigt - außer die WM-Affäre

An diesem Freitag wird DFB-Präsident Reinhard Grindel wiedergewählt. Eine wichtige Frage ist aber noch ungeklärt.

Für einen Moment sieht es so aus, als ginge Reinhard Grindel auf ironische Distanz zu seinem eigenen Verband – und damit irgendwie auch zu sich selbst. Beim Festakt zur Eröffnung des DFB-Bundestages in Erfurt hat der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes gerade über das sogenannte Sommermärchen gesprochen: "Die WM 2006 bleibt ein Ereignis, über das wir uns bis heute freuen, auf das wir stolz sein können." Inzwischen weiß die Welt, dass es auch noch eine andere Seite gibt, auf die der DFB ganz sicher nicht stolz ist. Und für einen Moment sieht es so aus, als wollte Grindel den Stolz und die Freude gewissermaßen unter Rechtsvorbehalt stellen: "Unsere Rechtsabteilung hat gesagt …" Aber es geht dann nicht um Ermittlungen diverser Staatsanwaltschaften, es geht nur um die formaljuristische Eröffnung des Bundestages.

Wenn im Theater Erfurt das Sommermärchen zur Sprache kommt, dann vor allem dessen schöne Seite, nicht die dunkle. Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist es, der noch einmal Aufklärung anmahnt. "Die vollständige Aufarbeitung steht noch aus", sagt er. Auch der Sportausschuss des Deutschen Bundestages hat noch Aufklärungsbedarf und Grindel vor kurzem zu einer Sondersitzung eingeladen. Nachdem der DFB zunächst "die Zuständigkeit des Bundestages des Deutschen Bundestages in dieser Angelegenheit" angezweifelt hatte, will Grindel dieser Einladung nun wohl doch nachkommen. Auch im Sinne eines gedeihlichen Miteinanders mit der Politik.

Generell kann der DFB in dieser Hinsicht nicht klagen. Neben de Maizière ist auch Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Erfurt gekommen, um die Laudatio auf Jürgen Klinsmann zu halten, den neuen Ehrenspielführer des DFB. "Ein großartiger Sportler, ein echter Sympathieträger und wunderbares Vorbild" sei er, sagt Merkel. DFB-Präsident Grindel erinnert daran, dass Klinsmann als Bundestrainer auch von außen gekommen sei und vieles in Frage gestellt habe. Auf wen sich das "auch" bezieht, lässt Grindel offen - vielleicht auf sich selbst. Klinsmann ist 2004 in der größten sportlichen Krise des DFB ins Amt gekommen, Grindel vor sieben Monaten in der größten außersportlichen Krise - als die Glaubwürdigkeit des Verbandes auf dem Spiel stand.

"Vereint neue Wege gehen", heißt das Motto des Bundestages. Es klingt so, als hätte Grindel es persönlich erdacht. Denn genauso will er gesehen werden: als Erneuerer, der Profis und Amateure zusammenhält. In den knapp sieben Monaten im Amt hat der neue Präsident versucht, sich als Anpacker zu profilieren. Verlängerung des Ausrüstervertrags - erledigt! Verlängerung des Grundlagenvertrags mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) - erledigt! Verlängerung des Vertrages mit Bundestrainer Joachim Löw - erledigt! Effizientere Strukturen durch die Ausgliederung kommerziell arbeitender Töchter in eine eigene Gesellschaft - erledigt! Die Affäre um das Sommermärchen - erledigt! Na ja, nicht ganz. Der DFB hat zwar voller Stolz den Abschlussbericht der Kanzlei Freshfields präsentiert, die entscheidende Frage aber - An wen gingen die 6,7 Millionen Euro und vor allem: wofür? - ist immer noch nicht beantwortet.

Der Wille zur Erneuerung stößt auch unter Grindel immer dann an Grenzen, wenn die eigenen Interessen davon tangiert werden. Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - steht seiner Wiederwahl am heutigen Freitag nichts im Wege. Als der CDU-Bundestagsabgeordnete im April Nachfolger von Wolfgang Niersbach wurde, gab es noch Spekulationen über einen Aufstand der Profis gegen den einstigen Pressewart beim Rotenburger SV. Davon ist längst keine Rede mehr. DFL-Präsident Reinhard Rauball hat in dieser Woche eine Wahlempfehlung pro Grindel abgegeben: "Er hat bewiesen, dass er dieses Amt ausfüllen kann." Die einzige offene Frage ist, ob die Zustimmung für den Präsidenten bei knapp unter 100 Prozent liegen wird - oder knapp darüber.

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