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Sport: Bye-bye, Bayer

Stefan Hermanns analysiert den dritten Spieltag der Saison Soll man es wagen? Soll man es sagen?

Stefan Hermanns analysiert den dritten Spieltag der Saison

Soll man es wagen? Soll man es sagen? Bayer Leverkusen aus dem Kreis der Titelanwärter verabschieden? Frei nach Klaus Toppmöller: Bye-bye, Bayer also, nach dem dritten von 34 Spieltagen? Und der VfL Bochum wird Meister, oder was?

Schon aus schlechter Erfahrung sollte man mit Vor-Urteilen über Bayer Leverkusen vorsichtig sein. Im vergangenen Jahr, in den Zeiten des Erfolges, war ja nicht genau festzustellen, woran Reiner Calmund, der Manager, und Klaus Toppmöller, der Trainer, mehr Spaß hatten: an den Erfolgen selbst oder an der Häme über „die so genannten Experten“. So genannte Experten sind Leute, die glauben, Riesenahnung vom Fußball zu haben (meist Journalisten), und die deshalb vor der vorigen Saison gesagt haben, Bayer stehe ein ganz, ganz schweres Jahr bevor. Dann spielte die Mannschaft den schönsten Fußball, wurde fast Meister, fast Pokalsieger und fast Champions-League-Sieger.

Und trotzdem: Bayer schafft es auch in dieser Saison nicht.

Das hat nichts mit Häme zu tun („Ihr werdet nie Deutscher Meister“), mit Bosheit oder anderen unredlichen Gefühlsregungen. Es hat etwas mit dem Kader des FC Bayern zu tun, dessen Qualität eigentlich zwangsläufig zum Titel führen wird. Aber es hat auch etwas mit Leverkusens Kader zu tun: Bayer hat Michael Ballack verloren, Deutschlands wohl besten Mittelfeldspieler. Hat Ze Roberto verloren, den vermutlich besten Linksaußen der Bundesliga. Hat Ulf Kirsten verloren, den besten Stürmer der Neunzigerjahre. Und muss bis ins nächste Jahr auf den verletzten Jens Nowotny verzichten.

Was die Leverkusener trotz alledem optimistisch stimmt, sind die Erfahrungen aus der eigenen Vergangenheit. Der Verein hat immer schon die besten Spieler abgeben müssen: die Brasilianer Tita, Jorginho, Sergio und vor allem Emerson, sie haben Stefan Beinlich gehen lassen müssen und Christian Wörns. Doch dann kamen andere, die ebenso gut waren – oder besser. Emerson, so hieß es vor zwei Jahren, ist nicht zu ersetzen. Vorige Saison aber, als Ballack 17 Tore schoss, sprach niemand mehr von Emerson.

Und jetzt? Die so genannten Experten sagen, Ballack ist nicht zu ersetzen. Bayer aber hofft auf Jan Simak. Oder auf Bernd Schneider. Oder auf beide zusammen. Außerdem muss die Mannschaft als Mannschaft besser werden, um den Verlust an individueller Qualität zu kompensieren. Doch wie soll das gehen, wenn die Mannschaft schon im vorigen Jahr – getragen von der Euphorie und vom Trotz der Unterschätzten – als Mannschaft außergewöhnlich stark war?

Fußball ist ein Spiel, in dem auch die Psyche stets zum Kader gehört. Auch deshalb hätte Bayer einen grandiosen Start in diese schwierige Saison gebraucht. Stattdessen: ein 1:1 in Cottbus, ein 1:1 gegen Dortmund und ein 2:4 gegen Bochum. Auch nach dem dritten Spieltag hat Leverkusen noch nicht gewonnen. „Der Saisonstart ist missraten“, sagt Trainer Toppmöller. Es ist sogar der schlechteste seit dem Aufstieg in die Bundesliga vor 23 Jahren. „Daran werden wir noch ein paar Wochen zu knabbern haben.“Vielleicht ist es in ein paar Wochen zu spät: Die Bayern sind schon fünf Punkte voraus.

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