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Sport: Capitals: Eine Mannschaft mit Moral

Derart guter Dinge wie am Sonntagabend wurde Gunnar Leidborg nach seinem Amtsantritt als Trainer bei den Capitals in der Deutschlandhalle noch nicht gesichtet. Denn seit dem vergangenen Sommer hat Leidborg in Berlin selten mal etwas amüsiert.

Derart guter Dinge wie am Sonntagabend wurde Gunnar Leidborg nach seinem Amtsantritt als Trainer bei den Capitals in der Deutschlandhalle noch nicht gesichtet. Denn seit dem vergangenen Sommer hat Leidborg in Berlin selten mal etwas amüsiert. Nach dem vierten Berliner Lokalderby der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) aber, da wollte ein zufriedenes Dauerlächeln einfach nicht aus dem Gesicht des gemütlichen Schweden verschwinden. Leidborg durfte auch wirklich zufrieden sein mit dem, was er und seine Spieler gegen den EHC Eisbären aufs Eis gezaubert haben.

Belohnt wurde das Engagement von Leidborgs Mannschaft mit einem verdienten 5:3 über den Lokalrivalen. Ein Erfolg, der auch die lange nach Spielschluss noch feiernden Fans der Capitals für einen Abend all das vergessen ließ, was sich in den vergangenen Monaten angesichts der finanziellen Misere bei dem Klub aus Charlottenburg so an Frust aufgestaut hat. Vor dem Spiel noch hatten die Fans der Capitals mit anschauen müssen, wie die Anhänger der Eisbären in Feierstimmung mit einem Sarg das Berliner Derby zu Grabe tragen wollten, weil es die Capitals ja ohnehin bald nicht mehr gibt.

Leidborg war genauso stolz wie die Fans, erfreut zudem über die prächtige Atmosphäre in der mit 7000 Zuschauern gut gefüllten Deutschlandhalle - was allerdings nun wieder ein Verdienst der in Berlin überaus beliebten Eisbären war. "Es ist doch egal, wen die Mehrzahl der Zuschauer unterstützt hat", sagte der Trainer. "Wir wissen alle, dass die Eisbären mehr Fans haben als wir. Uns hat es einfach Spaß gemacht, vor so einer Kulisse zu spielen. Endlich konnten wir einmal nicht jeden Zuschauer per Handschlag begrüßen. Und für uns war es sehr wichtig, einmal wieder das Gefühl des Siegens zu bekommen."

Denn dieser Sieg bestätigt die ungebrochene Moral einer Mannschaft, deren Spieler derzeit Existenzsorgen haben. Neun Spieler haben einen - entgegen anderslautenden Meldungen immer noch nicht zurückgezogenen - Insolvenzantrag gegen ihren Klub gestellt, um an ausstehendes Geld zu kommen.

Andere sind froh darüber, einen neuen Arbeitgeber gefunden zu haben. Etwa Yvon Corriveau, der Schütze zum 1:0 gegen die Eisbären. Der Kanadier spielt kommende Saison für die DEG Metro Stars. In der vergangenen Woche hatte es sogar Gerüchte um eine Arbeitsverweigerung bei den Capitals gegeben, die aber von den Spielern dementiert werden. "Die Stimmung in der Kabine war zwar nicht gerade gut. Aber von einem Streik war nie die Rede", sagt Stürmer Lorenz Funk junior.

Dass sich nach dem Derby allerdings die Funktionäre der abgewirtschafteten Capitals mit dem Sieg der Mannschaft schmücken wollten, wirkte merkwürdig. Als Gentleman erwies sich derweil der Trainer des Verlierers. Piere Pagé kam bei seinem ersten Derby als Coach der Eisbären zu der Erkenntnis, dass sein Team auf einen Gegner mit großem Willen gestoßen war. "Respekt für den Trainer und die Spieler der Capitals, die bei ihren finanziellen Problemen gegen so viele Schwierigkeiten kämpfen müssen", sagte der Kanadier.

Und die Eisbären wurden von den derart gelobten Capitals erst mal in Schwierigkeiten gebracht. Sonntag fiel der EHC aus den Play-off-Regionen der Tabelle. In einem sechs Spiele dauernden Endspurt vor der Finalrunde können sich die Eisbären nun größere Patzer nicht mehr leisten - eine Niederlage im heutigen Auswärtsspiel bei den Iserlohn Roosters zum Beispiel. In der Deutschlandhalle kehrt nach dem Derby heute wieder der Alltag ein. Um 19.30 Uhr sind die Kassel Huskies bei den Capitals zu Gast - vor einer kleineren Kulisse. Doch die treuen Fans werden kommen und hoffen, ihren Trainer wieder lachen zu sehen. Vielleicht lacht er sogar zuletzt, wenn sich seine Mannschaft nicht auf einen der beiden Tabellenplätze schubsen lässt, die eine Teilnahme an der Abstiegsrunde bedeuten.

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