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Unbeschwert auf die Titelseiten: Celia Okoyino da Mbabi.

© dpa

Celia Okoyino da Mbabi: Zwischen Özil und Aristoteles

Celia Okoyino da Mbabi könnte das Gesicht des deutschen Teams bei der WM werden. Den Rummel nach ihrem Tor gegen Kanada nimmt sie gelassen – genauso wie ihre Rolle als Integrationsvorbild.

Den theoretischen Hintergrund, um diese aufwühlenden Wochen richtig abzuspeichern und zu verarbeiten, hat Celia Okoyino da Mbabi jedenfalls. Zuletzt saß die Fußball-Nationalspielerin und Studentin der Kulturwissenschaft an einer Seminararbeit zum Thema „Gedächtnis und Erinnerung bei Platon und Aristoteles“. Und den Beginn dieser WM wird sie wohl tatsächlich kaum vergessen. Am Sonntag schoss die Offensiv-Allrounderin das 2:0 im WM-Auftaktspiel gegen Kanada, am Montag wurde sie 23 Jahre alt – und durfte ihr eigenes Gesicht auf der Titelseite fast aller deutscher Tageszeitungen bewundern.

Es war durchaus bemerkenswert, wie ruhig und abgeklärt Celia Okoyino da Mbabi gegen Kanada ihre Chance zum 2:0 nutzte. Auch im Gespräch wirkt sie entspannt. Ihre repräsentative Rolle als Integrationsbotschafterin des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) füllt sie ohne die staatstragende Ernsthaftigkeit aus, die Fußballer in offizieller Funktion so häufig annehmen. „Mein Vater kommt aus Kamerun, meine Mutter kommt aus Frankreich“, sagt sie. „Ich bin in Deutschland geboren und habe das Glück, mir aus den dreien das Beste auszusuchen.“ Man nimmt es ihr ab, dass sie nie ein Problem hatte, ihre Identität zu finden: „Ich habe nie zu mir gesagt: So, du musst dich jetzt integrieren, tu was dafür!“ Als Vorbild sieht sie sich deswegen nicht zwangsläufig, obwohl sie verstehen kann, dass sie gemeinsam mit Spielern wie Mesut Özil oder Serdar Tasci gerne herumgereicht wird: „Es gibt immer positive Geschichten, die Mut machen können. Gerade den Leuten, die sagen: alles scheiße.“

Als die in Bonn geborener Okoyino da Mbabi in der Jugend erstmals für eine DFB-Auswahl berufen werden sollte, war ihr nicht einmal bewusst, dass sie französische Staatsbürgerin war. „Als ich nominiert werden sollte, hieß es: Hey, du hast überhaupt keinen deutschen Pass“, sagt sie. „Und ich dachte: Stimmt – das war mir gar nicht bewusst.“ Da sie noch minderjährig war, mussten zunächst ihre Eltern deutsche Staatsbürger werden. „Es ging für sie nur darum, ihrer Tochter den Traum zu erfüllen, für Deutschland Fußball zu spielen“, sagt Celia Okoyino da Mbabi. Ihrem Vater sei es nicht leicht gefallen, sich von seinem kamerunischen Pass zu verabschieden. „Ich glaube, jetzt freut er sich, dass er es für mich gemacht hat.“

Mittlerweile hat Celia Okoyino da Mbabi 56 Länderspiele für Deutschland bestritten. Die Partie gegen Kanada war aber ihr erstes WM-Spiel – und das mit der größten Zuschauerkulisse. Normalerweise läuft Okoyino da Mbabi für den SC 07 Bad Neuenahr auf, zu den Heimspielen des Bundesligasechsten kamen in der vergangenen Saison im Schnitt 543 Zuschauer. Das ist die Bühne, die Celia Okoyino da Mbabi kennt. Da wäre es nicht verwunderlich, wenn sie ein ausverkauftes Olympiastadion ein wenig hemmen würde. „Wieso sollte es?“ fragte sie am Sonntag strahlend.

Celia Okoyino da Mbabi scheint nichts so leicht aus der Ruhe bringen zu können. In der Nationalmannschaft kam ihr bei den Olympischen Spielen 2008 und der EM 2009 die Rolle der Einwechselspielerin zu, rechtzeitig zur Heim-WM hat sie sich jetzt einen Stammplatz erkämpft. „Celia hat in der Vorbereitung sehr gut gespielt und diese Leistungen im Training bestätigt“, sagte Bundestrainerin Silvia Neid über ihre Entscheidung, Okoyino da Mbabi den Vorzug gegenüber der erfahrenen Inka Grings zu geben. „Da wir immer nach dem Leistungsprinzip gehen, musste sie einfach spielen.“

Dabei ist Okoyino da Mbabi eine der wenigen Nationalspielerinnen, die nicht in Frankfurt, Duisburg oder Potsdam spielen. „Das muss kein Nachteil sein“, sagt Teammanagerin Doris Fitschen. „Dort hat sie früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen.“ Dazu kommt, dass sie nicht auf eine einzige Position festgelegt ist – ein Attribut, das der Bundestrainerin sehr wichtig ist. Neid hätte Celia Okoyino da Mbabi auch ins linke Mittelfeld stellen könnten, gegen Kanada lief sie aber als hängende Spitze hinter Birgit Prinz auf. „Ich habe mich gefreut, dass ich auf meiner Lieblingsposition spielen konnte“, sagt sie. „Aber mir ist es egal, wo ich spiele, ganz ehrlich: Ich hätte mich auch ins Tor gestellt.“ Auch im zweiten Gruppenspiel am Donnerstag gegen Nigeria wird Okoyino da Mbabi das Offensivpaar mit Prinz bilden. „Diese Kombination, die unangenehm für den Gegner ist, hat sich bewährt“, sagte die deutsche Kotrainerin Ulrike Ballweg am Dienstag.

Sollte Celia Okoyino da Mbabi auch gegen Nigeria treffen, könnte sie endgültig zum Gesicht der deutschen Mannschaft bei dieser Weltmeisterschaft werden. Dann dürfte der Rummel um ihre Person noch größer werden – dabei wunderte sich Celia Okoyino da Mbabi schon am Sonntag darüber, welche Fragen sie beantworten musste. „Alle sprechen mich auf meinen Geburtstag an“, sagte sie. „Dabei habe ich immer Angst, dass ich das vergesse, weil ich so fokussiert bin auf die WM.“

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