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Barcelona-Spieler Neymar liegt beim Spiel gegen Juventus am Boden.

© AFP PHOTO / Marco BERTORELLO

Champions League: Barcelona scheitert am Favoriten

Mit dem Sieg gegen Barcelona hat sich Juventus zum Topfavoriten in der Champions League gemausert. Bei den Katalanen droht dagegen das Ende einer Ära. Ein Kommentar.

Von Til Knipper

Oberflächlich betrachtet erscheint das Ausscheiden des FC Barcelona im Viertelfinale der Champions League überraschend. Vor dem Hinspiel gegen Juventus Turin hatten die meisten Beobachter auf einen Einzug von Messi & Co. ins Halbfinale gesetzt. Selbst nach dem völlig verdienten und nie gefährdeten 3:0-Heimsieg der Italiener, trauten viele Experten den Katalanen im Rückspiel ein erneutes, magisches Comeback zu. Ein Verweis auf das spektakuläre 6:1 im Achtelfinal-Rückspiel gegen Paris Saint-Germain, nach dem 0:4 auswärts, genügte, um die Hoffnungen der Barca-Fans auf ein neues Wunder zu wecken.

Aber Turin ist nicht Paris. Juventus ließ im Camp Nou überhaupt nichts anbrennen. Dank der zurzeit besten Innenverteidigung Europas mit den Abwehrrecken Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci, gelang es den Italienern auch auswärts gegen Barcas Wundersturm mit Messi, Suarez und Neymar zu null zu spielen. Damit riss eine Serie von 20 Champions-League-Heimspielen, in denen Barcelona immer mindestens ein Tor erzielt hatte. Letztmals blieb Barca ohne eigenen Treffer in der Königsklasse im Camp Nou beim 0:3 gegen den FC Bayern im Halbfinale am 1. Mai 2013.

Ausscheiden der Spanier nicht sehr überraschend

Bei genauerer Betrachtung ist das Ausscheiden der Spanier dann aber doch nicht so überraschend. Barca gehört an guten Tagen immer noch zu den stärksten Mannschaften Europas, doch die guten Tage werden immer seltener. Das Ausscheiden im Viertelfinale vor drei Jahren wurde noch als Ausrutscher gewertet. Die Schuld dafür erhielt der argentinische Trainer Gerardo Martino.

Luis Enrique kam als Trainer und holte gleich in seiner ersten Saison das Triple. Die Mannschaft wirkte in der Saison durchgehend hochmotiviert, erpicht darauf, sich von ihrem Übertrainer Pep Guardiola zu emanzipieren. Aber letzte Saison und dieses Jahr war jeweils schon im Viertelfinale Schluss in der Champions League.

Ob das Ausscheiden gleich das Ende einer Ära einläutet, wird der FC Barcelona in den kommenden Wochen, aber vor allem in der kommenden Saison beantworten müssen. In der Liga führt Erzrivale Real Madrid mit drei Punkten und hat noch ein Nachholspiel. Die beste Chance, eine Saison ohne Titel zu verhindern, ist der spanische Pokal, in dem Barca im Finale auf Alavés trifft.

Zahlreiche Probleme müssen dringend behoben werden

Unabhängig davon gibt es beim FC Barcelona, der den europäischen Vereinsfußball in den vergangenen zehn Jahren geprägt hat wie kein anderer Verein, zahlreiche Probleme, die schnell behoben werden müssen. Trainer Luis Enrique muss den Verein zum Ende der Saison verlassen, ein Nachfolger steht noch nicht fest. Der Vertrag von Superstar Lionel Messi läuft auch nur noch bis Sommer 2018 und die Entscheidung über eine Verlängerung sollte lieber schnell getroffen werden.

Andere Leistungsträger wie Andres Iniesta, Gerard Piqué oder Javier Mascherano haben ihren Zenit überschritten und aus der legendären Nachwuchsabteilung hat auch schon länger keiner mehr den Durchbruch geschafft. Dabei bräuchte die Mannschaft dringend neue Spieler, die den internen Kampf um die Stammplätze anheizen. Das Problem hier ist aber, dass selbst ein Verein wie Barcelona bei Ablösesummen und Gehältern mit den Vereinen in der englischen Premier League nicht mehr ohne weiteres mithalten kann.

Derartige Sorgen muss sich Juventus im Moment überhaupt nicht machen. Die Italiener sind zum richtigen Zeitpunkt der Saison in Topform. Die Mannschaft von Trainer Massimiliano Allegri ist sehr ausgeglichen besetzt und defensiv extrem stabil. Kann sie die Form aus den Spielen gegen Barcelona halten, kann die Mannschaft ihrem Torwart Gianluigi Buffon dieses Jahr den einzigen Titel bescheren, den der mittlerweile 39-Jährige noch nicht gewonnen hat: die Uefa-Champions-League. In Barcelona könnte man sich dann damit trösten, dass man immerhin gegen den späteren Sieger ausgeschieden ist.

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