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Augen zu und durch. Barcelonas Gerard Pique (l.) im Duell mit Lucio.

© dpa

Champions League: Barcelonas Aufgabe von "homerischem Ausmaß"

Ehrfurchtsvoll geht Barcelona ins Rückspiel gegen Inter Mailand. "Es ist vielleicht das wichtigste Spiel der Saison", sagt Trainer Pep Guardiola.

Es wäre der letzte noch mögliche Rekord für Trainer Pep Guardiola: den FC Barcelona als erste Mannschaft der Welt zwei Mal hintereinander zum Sieger der Champions League zu machen. Vor zwei Wochen noch hätte in Barcelona kaum einer daran gezweifelt, dass das möglich wäre. Doch die Niederlage im Hinspiel gegen Inter Mailand hat den Katalanen einen herben Schlag versetzt. „Remontada“, „Aufholjagd“, prangt am Tag vor dem Anpfiff des Rückspiels im Camp-Nou-Stadion auf Plakaten in der ganzen Stadt. Es klingt mehr nach trotzigem Beschwörungsritual denn nach dem Optimismus, den der immer noch weltbeste Fußballklub zuletzt verbreitete.

Dabei weiß jeder in Barcelona: Gegen den ausgebufften Trainer José Mourinho ein 1:3 aus dem Hinspiel wettzumachen, ist, wie die Zeitung „El Pais“ schrieb, eine Aufgabe von „homerischem Ausmaß“. „Es ist vielleicht das wichtigste Spiel, das wir in dieser Saison haben werden“, sagte Trainer Pep Guardiola. Noch wagt sich keiner auszumalen, was es tatsächlich bedeuten würde, das Finale im Madrider Santiago-Bernabeu-Stadion zu verpassen – nämlich die totale Ernüchterung nach einem anderthalbjährigen Rausch. „Inter verfolgt nur einen Traum“, sagte Inters Trainer José Mourinho, „Barcelona aber verfolgt eine Obsession, sie träumen davon, mit der katalanischen Flagge ins Bernabeu-Stadion einzuziehen.“

Barcelona setzt nun auf das Prinzip Hoffnung. „Lionel Messi wird im Camp Nou ein ganz anderer sein“, sagte Guardiola. Der Wunderstürmer hatte sich in Mailand kaum Raum erspielen können. Auf einen anderen Star, nämlich Andres Iniesta, hingegen muss der Coach weiter verzichten. Auch Kapitän Carles Puyol ist gesperrt. Doch die Personalie, die Barcelona im Vorfeld am meisten Kopfzerbrechen bereitete, ist eine italienische. Wie stoppt man Inters Wesley Sneijder, der trotz einer leichten Zerrung am linken Oberschenkel spielen wird? Der Spielmacher hatte im Hinspiel den Ausgleichstreffer erzielt und die Vorlage zum letzten, abseitsverdächtigen Tor geliefert.

Barcelona will so auftreten, dass Inters Spieler ihren Beruf hassen lernen

Gerard Piqué wird diese Aufgabe obliegen, er organisiert die katalanische Abwehr. Der 23 Jahre alte Barça-Profi hat sich in der laufenden Saison nicht nur als exzellenter Spieleröffner einen Namen gemacht, sondern auch als Spaßvogel in der Umkleidekabine und titelseitentauglicher Strahlemann. Und so übernahm er auch die Pflicht eines Animateurs und Aufrüttlers. „Ich erwarte das brodelndste Stadion in der Geschichte des Camp Nou“, sagte Piqué, „die Inter-Spieler sollen während der neunzig Minuten ihren Beruf hassen lernen.“ Zur Motivationssteigerung erinnerte Piqué an eine Episode vor zehn Jahren, die er nur vom Hörensagen kennt: Damals holte der FC Barcelona im Viertelfinale gegen Chelsea einen 1:3-Rückstand durch ein 5:1 im Rückspiel noch auf.

In anderen Ligen mögen solche Aufrufe zum Standardprogramm gehören, beim FC Barcelona sind sie eher ungewöhnlich. Der durchschnittliche Besucher des Camp-Nou-Stadions pflegt spät zu kommen und früh zu gehen und begleitet die Darbietung auf dem Rasen mit Fachkenntnis – und vor allem Zurückhaltung. Geht es nach dem Willen der Stadion-Choreographen, wird heute alles anders sein. Und die Ränge bereits eine Dreiviertelstunde vor Anpfiff voll besetzt.

Die Kartennachfrage war so groß, dass locker ein zweites Stadion hätte gefüllt werden können. 5500 italienische Fans werden erwartet. Auf dem Schwarzmarkt erzielen Tickets Preise zwischen 490 und 1100 Euro. Die Klubleitung hat T-Shirts mit dem martialischen Saison-Motto „Wir werden unser Leben lassen“ („Ens hi deixem la pell“) an die Mitglieder verteilt und die Fanklubs dazu animiert, den Spielerbus mit einem Motorrad-, Fahrrad-, und Autokorso zu begleiten.

In dieser Atmosphäre wird es für den Schiedsrichter Frank de Bleeckere aus Belgien nicht einfach zu bestehen. Wie gut, dass er auf Unterstützung rechnen kann. „Barcelona ist berühmt für seine Schwalben“, sagte Inters Mittelfeldspieler Thiago Motta, „aber wir Inter-Spieler werden darauf achten und dem Schiedsrichter helfen.“

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