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© AFP

Champions League: Ein Spanier für Ihre Majestät

Manuel Almunia vom FC Arsenal spielt zurzeit stark. Jens Lehmanns einstiger Konkurrent könnte sogar englischer Nationaltorhüter werden. Heute trifft er mit Arsenal in der Champions League auf Manchester United.

Die Partie gegen Manchester United war Manuel Almunias wichtigstes Spiel im Trikot des FC Arsenal – und der Spanier zerbrach an dem Druck. Zwei haarsträubende Fehler des Torwarts bescherten der Mannschaft von Alex Ferguson einen 4:2-Sieg bei den Londonern. Almunia, berichtete später ein Teamkollege entsetzt, habe in der Kabine aus Scham geweint.

Nach dem Malheur im Ligaspiel vor gut vier Jahren kam wieder Stammkeeper Jens Lehmann in den Kasten der Gunners und von dort aus weiter ins DFB-Tor. Almunia, da waren sich die Beobachter sicher, würde bald wieder in der spanischen Provinz die Bälle aus den Netzen klauben. Wenn überhaupt. Doch der Mann mit den wasserstoffblonden Haaren, den sie auf der Insel wegen seiner chronischen Flatterhaftigkeit gerne mit dem schusseligen Kellner Manuel aus der Comedy-Serie „Fawlty Towers“ verglichen, behielt – nicht nur zu Lehmanns Unverständnis – die Arsenal-Handschuhe an. Die erstaunliche Geduld von Arsène Wenger wurde letztlich belohnt: Almunia, 31, ist in dieser Saison tatsächlich zum stabilsten Torwart in der Premier League geworden.

Nach der 0:1-Niederlage bei United im Hinspiel des Champions-League-Halbfinales vor einer Woche hat in der Arsenal-Umkleide niemand Tränen vergossen. Im Gegenteil, die Stimmung sei ganz gut gewesen, erzählte Wenger, denn man habe das Gefühl gehabt, im Old Trafford „noch einmal davongekommen“ zu sein. Das lag allein an Almunia, der seine hoffnungslos unterlegene Mannschaft mit einer Weltklasseleistung vor dem vorzeitigen Aus bewahrt hatte. Auch vor dem Rückspiel am heutigen Dienstag (20.45, live bei Premiere) gilt der Mann aus Pamplona United-Trainer Alex Ferguson als Schlüsselfigur: Schon ein Tor für United würde Arsenal in die Verlegenheit bringen, gegen den Titelverteidiger und designierten englischen Meister drei Mal treffen zu müssen – und das traut den jungen Londonern kaum jemand zu.

„Sie werden Angst haben, dass wir ein Tor schießen“, sagte Ferguson selbstbewusst. „Wer nach einer 0:1-Niederlage zu Hause gewinnen muss, hat Angst vor dem Gegentreffer. Das ist die harte Wirklichkeit und gilt für jede Elf, egal ob sie Manchester United oder Glenbuck Cherrypickers heißt.“ Die „Kirschenpflücker“ waren die Dorfmannschaft von Matt Busby, Uniteds legendärem Trainer der Nachkriegsjahre. Cherrypickers nannte man in den Kohlewerken die Arbeiter, die an der Spitze des Grubenschachtes Steine entfernten.

Geht es nach den Arsenal-Fans, soll Almunia demnächst an ähnlich exaltierter Stelle zupacken. „Englands Number One“, Englands Nummer eins, singen sie seit Wochen, und das ist nicht einmal ironisch gemeint. Almunia könnte nach fünf Jahren Aufenthalt an der Themse demnächst die britische Staatsbürgerschaft erwerben und tatsächlich für die englische Nationalmannschaft auflaufen. Er hat nie für Spanien gespielt. „Die Regeln würden seinen Einsatz zulassen, also warum nicht?“, sagte Wenger nach dem Hinspiel. „Er ist nicht nur gut genug, er ist der Beste. Ich würde England dazu raten, ihn zu nominieren.“ Almunia selbst bestätigte, dass er bis Januar 2010 – rechtzeitig zur Weltmeisterschaft in Südafrika – ein Brite sein könnte. „Vielleicht mache ich das“, sagte er. „Wenn man mich wirklich will, werde ich die Situation genau analysieren, und dann eine Entscheidung treffen, die für mich und meine Familie gut ist.“ Er schließe nichts aus, sagte der 2004 von Celta Vigo nach London gewechselte Torhüter.

In der Vergangenheit hatte Almunia nur scherzhaft mit der Vorstellung kokettiert, eines Tages zum Flankenpflücker Ihrer Majestät zu werden. Doch allmählich wird die Debatte konkreter. „Wenn ich die Weltmeisterschaft nur mit einem Spanier im Tor gewinnen könnte, würde ich lieber gar nicht gewinnen“, sagt zwar Fußballpatriot Harry Redknap, der Trainer von Tottenham. Die Mehrheit seiner Landsleute sieht die Sache angesichts der chronischen Not im Fünfmeterraum aber pragmatischer. „Falls ihn nur das Gefühl abhält, dass eine solche Regelbeugung im Grunde Betrug ist, darf Almunia ganz beruhigt sein“, kommentierte der „Observer“. „Entweder man hat Prinzipien, oder nicht. Wir Engländer haben mit unserem italienischen Nationaltrainer und dem kosmopolitischen Cricket-Team – keine.“

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