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Immer vorneweg: Thomas Müller.

© dpa

Champions League: FC Bayern hofft auf Thomas Müller

Um den 0:3-Rückstand gegen den FC Barcelona im Halbfinale der Champions League zu drehen, soll Thomas Müller den FC Bayern am Dienstagabend mitreißen.

Es gibt diese kurze Aufnahme von Thomas Müller, die sehr viel, fast alles über die Wichtigkeit dieses Spielers für den FC Bayern München sagt. Auf dem Platz ist er ohnehin über jeden Zweifel erhaben, aber da stand Müller unten in den Katakomben der Münchner Arena, kurz bevor es über eine Treppe hinaufging auf den Rasen. Normalerweise sind dies die Momente, in denen die Spieler noch einmal in sich gehen, sich fokussieren auf das, was gleich auf sie zukommt. Müller hingegen lachte und versuchte, mit einem Kollegen zu scherzen. Keine Spur von Anspannung, so schien es. Kurz darauf fegten die Münchner den FC Porto vom Platz, und Müller erzielte dabei seinen 27. Champions-League-Treffer. Er ist damit der erfolgreichste deutsche Torschütze in der Champions League.

Das war vor drei Wochen, der FC Bayern hatte damals nach dem Hinspiel mit dem Rücken zur Wand gestanden, aber im Vergleich zu dem, was der Meister an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) bewerkstelligen muss, war die Aufgabe noch einfach. Jetzt müssen die Münchner gegen den FC Barcelona ein 0:3 aufholen, ein fast aussichtsloses Unterfangen gegen die derzeit wohl beste europäische Mannschaft. „Aber man weiß ja, im Fußball ist vieles möglich“, sagt Müller.

Wenn einer die Stimmung auf den Punkt bringen kann, dann Müller mit seiner oberbayerischen Fröhlichkeit. „Meine Gefühlswelt ist aufgeräumt“, sagte er am Montag, einen Tag vor dem Halbfinal-Rückspiel gegen die Katalanen. „Ich bin nicht euphorisch, aber auch nicht pessimistisch.“ So ähnlich hätte er es wohl auch formuliert, wenn die Bayern mit einem 3:0-Vorsprung ins Spiel gehen würden. Er neigt nicht zur Übertreibung, weder nach der einen noch nach der einen Seite. Müller findet fast immer die richtige Mischung zwischen Anspannung und Lockerheit, zwischen Druck und Gelassenheit. „Wir sind in einer kleinen Aufbruchstimmung“, sagt er – und das klingt keineswegs wie eine Kampfansage, sondern eher wie der Versuch, an die winzige Chance auf den Einzug in das Finale am 6. Juni in Berlin zu glauben. „Grundsätzlich bin ich ja eher von uns überzeugt als nicht. Aber natürlich träumen wir jetzt nicht. Man kann ja nicht davon ausgehen, dass es so läuft wie gegen Porto.“

Im Hinspiel im Estadi Camp Nou vor sechs Tagen gab es einen Moment, da schien es, als ob die Gefühlswelt von Müller so gar nicht in Ordnung sei. Kurz nach Messis Führungstreffer für Barcelona hatte ihn Trainer Pep Guardiola ausgewechselt, genau wie eine Woche zuvor im Pokal-Halbfinale gegen Dortmund. Eine Lippenleserin will genau erkannt haben, was Müller danach sagte. Angeblich blaffte er Richtung Trainer: „Wann hört dieser Scheiß endlich auf?“ Dass ein Spieler in solch einem Moment selten das große Ganze, sondern nur die eigene Situation im Blick hat, versteht sich von selbst, aber die subjektive Sicht Müllers deckte sich in dieser 79. Minute mit der der verständnislosen Öffentlichkeit.

Guardiola wechselte Müller zuletzt zwei Mal aus - ein Fehler?

Diese Entscheidung musste Guardiola noch zwei Tage später rechtfertigen, zu einem Zeitpunkt, als Müllers Gefühlswelt angeblich längst wieder aufgeräumt war. Zwar kenne er den Grund bis heute nicht, aber „ich denke nicht, dass der Trainer jedem Spieler erklären muss, warum er ihn auswechselt“, sagt Müller. Außerdem habe Guardiola oft genug bewiesen, „dass er die richtigen Entscheidungen trifft“.

Ganz so locker, wie er es nach außen demonstriert, nimmt Müller das vermutlich nicht, doch er hat eine gesunde Portion Pragmatismus, um nicht zu viel in diese Personalie hineinzuinterpretieren. Der Nationalspieler ist keiner, der anschließend den Drang verspürt, es dem Trainer zu beweisen, dass es ein Fehler war, ihn auszuwechseln, und dabei verkrampft oder übermotiviert ist. Nein, Müller spielt beim nächsten Mal so wie immer. Anders als einige seiner Nationalmannschaftskollegen hat er die Nach-WM-Saison bisher gut überstanden, ohne Verletzung, ohne Formschwankungen, ohne großen Substanzverlust. „Ich merke nichts von WM-Nachwehen“, sagt er. Gegen Porto hatte Müller sogar noch Kraft, zu den Fans auf den Zaun zu klettern, um mit ihnen zu feiern. Wenn es gegen Barcelona entgegen aller Erwartungen auch gut geht, die Bayern doch noch nach Berlin reisen dürfen, könnte es sein, dass sich Müller anschließend eine noch größere Herausforderung sucht als den Zaun in der Südkurve.

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