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Was für ein Schelm, wer von Mourinho Böses denkt.

© AFP

Champions League: Warum Chelsea-Trainer José Mourinho ein Segen für den Fußball ist

Am Mittwochabend spielt der FC Chelsea gegen Atletico Madrid um den Einzug ins Finale der Champions League. Während viele Experten den Spaniern den Sieg wünschen, verneigt sich Lorenz Maroldt in seinem Kommentar vor der Defensivkunst des José Mourinho.

Jede spannende Geschichte braucht das Böse. „Gute Unterhaltung beim ,Tatort‘“ wünschte jahrelang fröhlich eine Brauerei den Freunden des gemeinen Krimimords. Beim Fußball ist das Böse José Mourinho. Ein Zerstörer. Ein Schlachter des guten Spiels. Mourinho bringt dem Fußball den Tod, schrieb der Ästhet Sven Goldmann nach dem Halbfinalhinspiel von Chelsea bei Atletico Madrid voller Verachtung. Ein Spiel von Chelsea sei keine gute Unterhaltung, ja: kein Fußball. Ein Wutausbruch, dem kollektive, tobende Zustimmung sicher ist.

Zum Rückspiel ist es Zeit für eine Ehrenrettung des Bösen, denn dieses Böse ist gut, verdammt gut in dem, was es tut. Mourinho sieht aus wie das Böse, er benimmt sich wie das Böse, er lässt spielen wie das Böse. Alle wollen ihn deshalb verlieren sehen, alle wollen ihn schlagen. Mourinho bringt Spannung rein ins Spiel und die starken Gefühle, ohne die der Fußball ein „Tatort“ ohne Mörder wäre, nichts als Kitsch.

Ihn schlagen! Liverpool hat es versucht zwischen den beiden Atletico-Spielen, der Spitzenreiter der Premier League ist mit Suarez und Sturridge die Tormaschine in England, 96 Tore in 36 Spielen, alles und jeden überrannt, sensationell. In der 77. Minute, es steht 1:0 für Chelsea, schickt Mourinho Cahill als dritten Innenverteidiger aufs Feld und hebt die offene Hand, das Zeichen der Fußballsatanisten: Fünferkette vor dem Torwart. Am Ende siegt Chelsea 2:0.

Es war ein Spiel, das prickelnd blieb bis zur letzten Minute der Nachspielzeit, in extremer Rollenverteilung, Gut gegen Böse, Schön gegen Hässlich, Sauber gegen Schmutzig. Explosive Stimmung, allerfeinstes Drama. Und das soll kein Fußball sein, keine gute Unterhaltung?

Mourinho hat in dieser Premier-League-Saison kein Top-four-Spiel verloren, zweimal gegen Manchester City gewonnen, zweimal gegen Liverpool, das schlechteste war: ein 0:0 bei Arsenal. Liverpools Trainer Rodgers beklagte nach der Niederlage gegen Chelsea, Mourinho habe zwei Busse vor das Tor stellen lassen, das sei leicht zu trainieren. Mag sein. Bussen beizubringen, in Anfield zwei Tore zu schießen, ist allerdings eine fantastische Leistung, die nicht jeder bringt. Mourinho ist nicht schuld an der Unfähigkeit anderer, zwischen seinen Bussen eine Lücke zu finden, um das eigene, taktisch ausgefeilte Kunstwerk schadlos ins Tor zu finissieren.

Wer eine B-Note braucht für ein schönes Ergebnis, ist beim Kunstturnen besser aufgehoben.

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