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Es geht wieder los. In der Wasserball-Bundesliga wird der Deutsche Meister gesucht. Spandau 04 (am Ball Marin Restovic) will den Titel zum 38. Mal holen.

© Camera 4/Imago

Chance für die ganze Sportart: Nach der Coronavirus-Pause - Wasserball taucht auf

Es geht in der Sporthalle Schöneberg zwischen Spandau und Waspo um die beste Ausgangsposition im Titelrennen. Und um Werbung für Wasserball generell.

Am Sonntagnachmittag hatten die Wasserfreunde einen Termin im Vereinsheim Alfreds angesetzt. Nicht zum gemütlichen Beisammensein, sondern zum Coronavirus-Test. „Die Spieler haben zuletzt so viel gemeinsam trainiert, die wollten danach schnell wieder nach Hause zu ihren Familien“, sagt Spandaus Präsident Hagen Stamm. Es war ein kurzes, aber wichtiges Zusammentreffen. Die Ergebnisse lagen am Montagabend vor, sie waren alle negativ. Das Team der Wasserfreunde Spandau 04 wird am Dienstagabend (19 Uhr, Schwimmhalle Schöneberg) gegen Waspo Hannover die Saison fortsetzen.

Genau genommen ist es ein Neustart. Die Deutsche Wasserball-Liga hatte die Spielzeit aufgrund der Pandemie schon im März abgebrochen, nun wird unter dem Dach des Deutschen Schwimmverbandes, der dafür ein Hygienekonzept erstellt hat, der Meister ermittelt.

Der Auftakt erfolgte am vergangenen Wochenende, dort qualifizierten sich bei einem Viererturnier die White Sharks Hannover und Gastgeber OSC Potsdam für das Halbfinale. Spandauer Beteiligung gab es im Wasser nicht, aber dafür außerhalb des Beckens. Hagen Stamm ist auch Bundestrainer, da interessierte es ihn sehr, wie sich die Mannschaften nach etwa einem halben Jahr Pause präsentieren. „Das war schon ernüchternd. Die Spielpraxis fehlte natürlich total.“ Aber immerhin: „Von Spiel zu Spiel ist es besser geworden.“

Besondere Situationen erfordern kreative Lösungen: Der Tabellenstand zum Zeitpunkt des Abbruchs spielt keine Rolle, damals hatte Spandau 20:0 Punkte und Hannover 22:2, die Berliner hatten in Hannover 12:11 gewonnen. Die Wasserfreunde und Waspo sind gesetzt, sie ermitteln im Entscheidungsspiel in Schöneberg, wer als Erster ins Halbfinale einzieht und bei Erreichen des Finals in einem entscheidenden fünften Spiel Heimrecht hätte.

Gewinnt Spandau am Dienstag, kommt es im Halbfinale am 28. und 30. August zu sehr kurzen Fahrtwegen. Dann würden die Wasserfreunde auf Potsdam treffen und Waspo auf die White Sharks. Die Finalserie startet am 2. September.

Stamm war jedoch erst einmal froh, am Sonntag in Potsdam überhaupt Wasserball gesehen zu haben: „Unser Sport ist wieder da.“ Und es besteht die Chance, ohne die oft erdrückende Konkurrenz der anderen, derzeit pausierenden Sportarten Werbung für sich zu machen.

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Keiner könnte das besser erledigen, als die mit Abstand stärksten Mannschaften in einem direkten Duell. Die Dauerrivalen kennen sich bestens – und trotzdem ist diesmal vieles anders. Das musste am Wochenende schon der ASC Duisburg erfahren, der erstmals seit fast 20 Jahren den Sprung ins Halbfinale verpasste. „Keiner weiß, wo er steht“, sagt Stamm. Ein Satz, der für Spandau besonders gilt, weil sich zuletzt im Kader einiges geändert hat.

Die Leistungsträger Ben Reibel und Tiberiu Negrean baten aus persönlichen Gründen um eine sofortige Vertragsauflösung, der Verein stimmte zu. Mateo Cuk ist langzeitverletzt. „Das alles hat uns geschwächt“, sagt Stamm. Neu sind die Kroaten Marino Cagalj von Jadran Herceg Novi (Montenegro) und Ivan Zovic von Jadran Split, doch das Team muss sich erst finden. Waspo dagegen hat alle Leistungsträger weiterhin dabei. Daher wird es kein einfacher Weg für den Titelverteidiger Richtung Meisterschaft.

Sechs der acht Mannschaften, die im vergangenen Herbst in die Saison gestartet sind, bringen sie nun elf Monate später zu Ende. Die SG Neukölln und der SSV Esslingen verzichten. „Ich habe dafür volles Verständnis. Das muss jeder für sich kalkulieren“, sagt Stamm. Die Etats sind meist eng gestrickt und zusätzliches Geld bringt die Kurz-Saison nicht in die Kassen. Stattdessen rechnet Stamm für seinen Klub aufgrund der Coronavirus-Tests vor den Partien oder dem größeren Bedarf an Ordnern mit Zusatzkosten in knapp fünfstelliger Höhe.

„Jeder Spieltag ist für die Nationalspieler wahnsinnig wichtig“, sagt Stamm

Für die Wasserfreunde, seit Jahrzehnten die nationale Nummer eins, war aber schnell klar, dass sie weitermachen wollen. „Jeder Spieltag ist für die Nationalspieler wahnsinnig wichtig“, sagt Stamm. Damit sie wieder ein Ziel vor Augen haben und wissen, wofür sie die letzten Monate, in denen lange Zeit kein normales Training möglich war, geackert haben. Zudem drängt die Zeit. Im kommenden Februar findet das im Frühjahr ausgefallene Qualifikationsturnier zu den Olympischen Spielen in Tokio statt.

Gern hätten die Spandauer die Saison in einem Freibad zu Ende gebracht, wie es Waspo Hannover macht. „Aber die Rahmenbedingungen haben nicht gepasst“, sagt Stamm. Der große Aufwand wegen fehlender Tribünen und Zeitmessanlagen wäre das eine. Entscheidend ist aber in Zeiten des Coronavirus auch, dass die Mannschaften in der Schwimmhalle Schöneberg besser Abstand halten können.

220 Besucher sind erlaubt, das Bistro bleibt geschlossen, um große Bewegungen der Zuschauer innerhalb der Halle zu verhindern. Die Wasserfreunde sind der zweite Bundesligist aus der Stadt nach den Baseballern der Berlin Flamingos, der seit Beginn der Coronavirus-Krise zu Hause wieder vor Zuschauern spielt.

Stamm spricht von einem „Experiment“. Etwa vor dem Hintergrund, dass schwer abzuschätzen ist, ob manche Fans derzeit lieber zu Hause bleiben, anstatt sich in eine geschlossene Halle zu setzen. Als Service bietet Spandau 04 daher auf der Webseite waterpolo-stream eine Liveübertragung im Internet an. Die anstehenden Heimspiele sollen auch ein Testlauf für die Pokalendrunde in Berlin Ende September mit je vier Teams bei den Frauen, die ihre Bundesligasaison ab Oktober ebenfalls fortsetzen wollen, und Männern sein. Und Stamm hat auch den gesamten Berliner Sport im Blick: „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass der Sportbetrieb mit Zuschauern unter Wahrung der notwendigen Standards möglich ist.“

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