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Sport: Chancentod macht Bayer froh

Nach drei Jahren tut Dimitar Berbatow endlich, was Leverkusen von ihm fordert: Tore schießen

Leverkusen. In Bulgarien ist er Volksheld. Dimitar Berbatow gilt dort als Nachfolger des großen Hristo Stoitschkow, dem WM-Torschützenkönig von 1994. Bei seinem Arbeitgeber Bayer Leverkusen aber ist Berbatow schon immer so aufgetreten, als gehöre er zur Reserve-Mannschaft. Bei seinem Dienstantritt vor drei Jahren traute der Stürmer sich nicht einmal, ein Wort an den heutigen Assistenz-Trainer Ulf Kirsten zu richten, erzählt Manager Ilja Kaenzig, „der Ulf war doch sein großes Idol“.

Im Grundsatz hat sich wenig geändert. Wenn der 23 Jahre alte Bulgare überhaupt redet, dann leise, sehr leise. Deswegen darf man den Bericht seines Trainers durchaus als Sensation auffassen: „Im Training fängt er nun an, Kommandos zu geben“, sagt Klaus Augenthaler. Neun Tore hat Berbatow in dieser Saison erzielt, sechs davon in den letzten sieben Spielen. Es ist für ihn wie eine Befreiung. Schlampiges Genie, Chancentod, ewiges Talent – mit diesen Phrasen waren die Qualitäten des stillen Bulgaren zuvor oft abgehandelt worden. Nun avanciert ausgerechnet Dimitar Berbatow zum Hoffnungsträger des Leverkusener Angriffsspiels. Späte Genugtuung für einen lange Verkannten. Für die anfängliche Siegesserie des Teams in der Hinrunde waren ausschließlich die Herren Franca, Neuville und Ponte verantwortlich gemacht worden und nicht Berbatow, der in den ersten acht Partien lediglich als Ersatzmann zu Spielzeiten kam.

Das Schlüsselerlebnis ereignete sich kurz vor Weihnachten, beim letzten Hinrundenspiel in Stuttgart, wo ihm ein Traumtor gelang: Berbatow stand am Strafraum, den Rücken zum Tor, nahm einen schwierigen Ball perfekt an, drehte sich blitzschnell um die eigene Achse und lupfte den Ball über den verdutzten Torhüter Hildebrand hinweg ins Stuttgarter Tor. Ein atemberaubendes Tor, und die ganze Arena staunte: über die technischen Möglichkeiten des Stürmers, seine Klugheit, seine Chuzpe. Berbatow gelang noch ein weiterer Treffer, Leverkusen siegte am Ende 3:2 und hegte Meisterschaftsambitionen. Davon spricht nach dem missratenen Rückrundenauftakt niemand mehr, aber um einen Uefa-Cup-Platz kämpft Bayer allemal.

„Der Trainer hat mir viel Vertrauen geschenkt, das hat mir sehr geholfen“, sagt Berbatow. Augenthaler hat ihm viele Male klar gemacht, weshalb die Fans einst Kirsten emphatisch verehrten: „Weil er 90 Minuten gekämpft hat und sich immer den Hintern aufgerissen hat.“ Die Appelle, es seinem Idol gleichzutun, haben offenbar gefruchtet. „Heute ist Berbatow der erste Abwehrspieler“, sagt Augenthaler, „zumindest erweckt er jetzt den Anschein, er geht mit zurück.“ So ganz scheint er dem Bulgaren immer noch nicht zu trauen.

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