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Sport: Charaktertest bestanden

Das junge Eishockey-Nationalteam überzeugt beim Deutschland-Cup, obwohl es nur Platz vier erreicht

Die Verlierer wurden gefeiert. Die deutschen Eishockey-Nationalspieler mussten gestern Abend in der Tui-Arena von Hannover Ehrenrunden drehen, weil sie beim 4:5 (2:2, 2:1, 0:2) gegen Kanada im Spiel um Platz drei beim Deutschland-Cup nur unglücklich an einer Überraschung vorbeigeschlittert waren. Das sah auch Uwe Krupp so. „Wenn du fast 50 mal auf das kanadische Tor schießt, dann ist das eine gute Situation“, sagte der Bundestrainer. Das Chancenplus – Deutschland schoss 47 mal, Kanada nur 26 mal aufs Tor – war erstaunlich, half aber nicht, weil die Deutschen und ihr schwacher Torwart Alexander Jung von den Hannover Scorpions im letzten Drittel einen 4:3-Vorsprung verschluderten. Das Siegtor der ausschließlich mit in Europa beschäftigten Profis angetretenen Kanadier fiel bei deutscher Überzahl.

Den Deutschen blieb nach der unglücklichen 2:3-Niederlage nach Penaltyschießen am Samstag gegen die Schweiz und nach der Begegnung gegen Kanada die Erkenntnis: Gut gespielt, aber nicht den ganz großen Erfolg gehabt – wie so oft bei deutschen Eishockey-Nationalmannschaften. Dazu kam, dass die Deutschen in der Offensive zwar sehr ordentlich spielten, in der Defensive aber zu wacklig waren. „Die Niederlage gegen Kanada ist sehr ärgerlich, da haben wir uns dumm angestellt“, sagte der Kölner Angreifer Philip Gogulla, gestern neben Daniel Kreutzer, John Tripp und Christoph Ullmann einer der deutschen Torschützen. Vier Treffer müssten eigentlich reichen, um gegen Kanada zu gewinnen, fand auch Krupp. „Allerdings ist es immer einfach, auf die Schwachstellen zu schauen“, sagte er. „Natürlich haben wir hier zwei Siege verschenkt, aber wir haben hier ja auch gegen Gegner gespielt, die kein Kanonenfutter sind.“ Das Turnier, das schließlich die Slowakei durch ein 4:3 nach Verlängerung gegen die Schweiz gewann, hätte doch gezeigt, dass man einen zumindest Erfolg versprechenden Weg eingeschlagen habe.

Tatsächlich wirkt die deutsche Mannschaft unter Krupp konzentrierter als in der Vergangenheit unter Vorgänger Greg Poss. Der versprach zwar schnelle Erfolge, stürzte aber schnell in die Zweitklassigkeit ab. Uwe Krupp hat in den vergangenen elf Monaten eine stark verjüngte deutsche Mannschaft zusammengestellt. Und die kann auch trotz des Fehlens ihrer Profis aus der National Hockey-League einen Gegner wie die Schweiz – immerhin seit Jahren Stammgast bei A-Weltmeisterschaften – dominieren. Krupp sagte in Hannover: „Die Spieler, die hier waren, sind erst einmal die Spieler, auf die wir bauen.“ Es helfe doch nichts, über Profis aus der NHL zu sprechen, die dann womöglich bei der WM im April und Mai nicht spielen können. Man müsse auch nach Russland reisen, „wenn sich ein Jochen Hecht in der NHL ein Bein bricht“. Und: „Alles, was wir an Charakter haben, stand in Hannover auf dem Eis.“

Krupp sind Rollenspieler wichtiger als Stars. Auf diese Weise hat er Ordnung in das Spielsystem der Deutschen gebracht. Sven Felski von den Berliner Eisbären sagt: „Unter Uwe Krupp ziehen wir unsere Linie durch. Der Trainer achtet darauf, dass jeder Spieler auch wirklich ins Team passt. Daher ist mir vor der Zukunft nicht bange.“

Die Bilanz unter Krupp ist in dieser Saison positiv – neun Spiele hatten die Deutschen vor der Partie gegen die Schweizer nicht verloren. Solch eine Serie erlebte ein deutsches Team seit den Siebzigerjahren nicht. Gab es beim Turnier in Hannover mit dem 5:4 gegen Japan auch nur einen Sieg, so fand Krupp, dass er „den Charakter der Spieler testen konnte, und den Test haben alle bestanden“. Das sahen auch die Zuschauer in Hannover so. Denn Verlierer werden im Sport eher selten mit Ehrenrunden verabschiedet.

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