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Sport: CHI: Pferde im Buddelkasten

Pferden geht es unverschämt gut - ihr Sandkasten ist viel größer als der für unsereins. Das ganze Velodrom haben sie zur Verfügung.

Pferden geht es unverschämt gut - ihr Sandkasten ist viel größer als der für unsereins. Das ganze Velodrom haben sie zur Verfügung. Sie trappeln mit ihren Hufen in dem Boden herum, wühlen ihn beim Springen auf - und müssen danach nicht einmal Ordnung machen. Dafür sind schließlich Toni und Olli da. Der Schweizer und der Deutsche sind sozusagen die Sand-Beauftragten des CHI. Eine im übrigen ausgesprochen verantwortungsvolle Stellung. Die Vorstellung, man würde einfach ein bisschen Sand aus einem großen Sack auf dem Hallenboden schütten und festtreten, ist nämlich völlig falsch. "Das ist die heikelste Aufgabe hier", sagt Toni Waser, der 49-jährige Chef des Bodenaufbaus. Wenn die Reiter nämlich unzufrieden sind, "reisen sie ab und dann ist das ganze Turnier im Arsch".

Die Trittfestigkeit ist entscheidend, "wenn der Boden zu trocken ist und das Pferd rutscht, ist es eine Zehntelsekunde langsamer und der Reiter verliert ein paar Tausend Mark", erklärt Waser. Die unterste Schicht bilden bodenschonende Gummimatten, darauf kommt Lehm vom letzten Jahr und zuoberst eine Lehm-Sand-Mischung. Sand ist nicht gleich Sand, das ist die oberste Regel. Waser schwört auf solchen aus der Nähe von Köln, eine Firma mischt ihn nach seinem Geheimrezept mit Lehm. Intuition und Erfahrung geben die richtige Konsistenz.

Dressurpferde brauchen einen lockereren Boden, auf dem sie federn und sich graziler bewegen können. Wenn es wie beim CHI nur eine Halle gibt, wird nach den Erfordernissen der Springpferde gebaut, "die Dressurpferde haut es nicht hin, die Springer hingegen geben Vollgas", erzählt Waser.

Sechs ist die magische Zahl. Sechs Minuten hat Waser Zeit, um nach jedem Springen den Platz herzurichten. Dann fahren er und Olli Hoberg auf ihren "Dreirädern" durch die Halle und planieren den Boden. Das Gerät ist ausgesprochen kommunikatinsfördernd - Zuschauer rufen, wie toll sie die "heißen Kisten" finden und fragen, ob sie mal mitfahren dürfen. Abends wird der Boden mit Feuerwehrschläuchen gewässert. Wieviel Wasser nötig ist, ist, wie so vieles beim Bau der Pferde-Sandkästen, Gefühlssache. Vor dem Spritzen kommt der anstrengendste Part: Zum Freibier, das eine Brauerei nachts ausschenkt, trampeln hunderte von Menschen über den sorgfältig gepflegten Boden, lassen Plastikfolien und Zigarettenschachteln fallen. "Die Kippen rechen wir unter, das Bier macht auch nichts", sagt Hoberg, "aber dass die Leute nicht bereit sind, fünf Meter zum Papierkorb zu gehen, ärgert mich schon." Vor halb vier Uhr kommt er kaum ins Bett. Vor einem Jahr hat er seinen persönlichen CHI-Rekord aufgestellt. Auf zehneinhalb Stunden Schlaf hat er es gebracht - verteilt auf vier Nächte.

Helen Ruwald

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