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Chisora wieder frei: „David, ich erschieße dich. Ich meine das ernst."

Nachdem Dereck Chisora aufgrund seiner Schlägerei mit David Haye im Anschluss an den Kampf gegen Vitali Klitschko von der Polizei in München festgenommen und befragt worden war, wurde der Brite am Sonntag wieder freigelassen. Nun wird gegen ihn ermittelt.

Am Tag nach dem verlorenen Box-Kampf und der unrühmlichen Prügelei im Pressesaal musste Dereck Chisora zum Verhör. Der Klitschko-Provokateur wurde vor seiner Abreise zurück nach Großbritannien in München festgenommen und von der Polizei zu seinem nächtlichen Skandal-Auftritt befragt. Am Sonntagabend war Chisora wieder auf freiem Fuß. Gegen den Boxer und seinen Trainer wird aber wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt - wie auch gegen den bei der Schlägerei abseits des Ringes beteiligten David Haye.

In der Nacht nach seiner Niederlage gegen Weltmeister Vitali Klitschko waren Chisora und sein Landsmann Haye bei der Pressekonferenz plötzlich wie Kampfhunde übereinander hergefallen und hatten sich quer durch den voll besetzten Raum in der Münchner Olympiahalle geprügelt. Das war der endgültige Beweis, warum Chisora aus dem Box-Business gezogen gehört.

Unabhängig vom Ergebnis der weiteren Polizeiermittlungen drohen dem Briten Konsequenzen der Box-Szene. „Ich werde eine Präsidiumssitzung einberufen mit dem Ziel, Chisora und Haye nie wieder in Deutschland boxen zu lassen“, sagte Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer am Sonntag. „Chisora hat im Ring nichts zu suchen, der ist nicht normal.“ Haye und Chisora pflegen eine abgrundtiefe Abneigung. Ex-Weltmeister Haye war als Co-Kommentator für einen britischen Fernsehsender in München im Einsatz. Er konnte noch nicht vernommen werden und wird von der Polizei gesucht.

Als sich die beiden miteinander verkeilt hatten und Flaschen flogen, räumte Champion Klitschko entsetzt das Podium. Bruder Wladimir, der Haye im vergangenen Sommer nach Punkten besiegt und ihm den WBA-Titel abgenommen hatte, stand kopfschüttelnd da. „Blutige Gesichter bei einer Pressekonferenz? Das ist eine Schande für das Boxen“, schimpfte Wladimir Klitschko über die unrühmlichen Briten.

Die Bilanz nach der unübersichtlichen Keilerei: Chisora war an der Lippe verletzt, weil ihn Haye mit einer Flasche attackiert hatte; Hayes Trainer Adam Booth trug eine blutende Platzwunde auf dem Kopf davon. Chisora krönte den Gossenauftritt mit der Drohung: „David, ich erschieße dich. Ich meine das ernst. Ich erschieße dich.“ Die Ausraster haben Methode. Chisora hatte einen Tag zuvor Klitschko beim Wiegen mit einer wuchtigen Schelle geohrfeigt. Tags darauf, unmittelbar vor Kampfbeginn, nahm er einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche und spuckte diesen Vitalis Bruder Wladimir ins Gesicht. „Vor deinen sportlichen Leistungen habe ich Respekt,
vor dir als Mensch nicht“, herrschte Klitschko den Rivalen an.

50 000 Dollar Strafe hat der Weltverband WBC Chisora für die Ohrfeige bereits aufgebrummt; für das Spucken und die Schlägerei reichen Geldbußen indes nicht mehr aus. Auch Haye steht am Pranger. Er führte den ersten Schlag bei der nächtlichen Prügelei, nachdem er sich mit Chisora bepöbelt hatte. Allerdings hat Haye seit seinem offiziellen Rücktritt vor rund vier Monaten ohnehin keine Boxlizenz mehr.

Fast untergangen war in der Skandalnacht der Sport. Vitali hatte gewonnen, aber nicht wie immer. Denn sein 44. siegreicher Kampf gehörte nicht zu den Sternstunden. Erst später wurde klar, warum. Der 40-jährige Ukrainer hatte sich in der vierten Runde eine Schulterverletzung zugezogen. „Acht Runden habe ich den Kampf ohne linke Hand bestritten. Ich kann den linken Arm nicht mehr bewegen“, erklärte der Zweimeter-Hüne, der in der Tat die linke Pranke permanent bewegungslos hängen ließ.

Chisora war zudem der mutigste Rivale, den Klitschko in den vergangenen Jahren vor den Fäusten hatte. Wie ein Terrier griff der 28 Jahre alte Engländer unaufhörlich an. Dennoch fiel das Punkturteil (118:110, 118:110, 119:111) eindeutig aus, wenngleich zu hoch. Trainer Fritz Sdunek vermutete zunächst den Aufbruch einer alten Verletzung bei seinem Schützling. Vor zwölf Jahren hatte sich Klitschko im WM-Kampf gegen den Amerikaner Chris Byrd einen Sehnenabriss in der Schulter zugezogen und musste aufgeben. Am Sonntag folgte die Entwarnung: Die Kernspintomographie in einer Münchner Klinik ergab einen Teilanriss der Schultersehne. Sechs bis acht Wochen muss der Weltmeister pausieren, eine Operation wird wohl nicht nötig sein. „Es ist noch nicht alles vorbei. Wenn ich mit einem Arm kämpfen und klar dominieren kann, habe ich eine große Reserve an Pulver.
Deswegen war das nicht der letzte Kampf“, sagte Klitschko dem Fernsehsender RTL. (dpa)

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