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© dpa

Claudia Pechstein: Bleibende Bilder

Claudia Pechstein hat ihre Unschuldsversion öffentlich präsentiert und dabei in gut einstudierter Abfolge auf mögliche Form- und Verfahrensfehler des Weltverbandes ISU hingewiesen. Warum sich Claudia Pechstein öffentlich inszeniert.

Irgendwann später durften auch Fragen gestellt werden auf Claudia Pechsteins Pressekonferenz am Donnerstag in einem Berliner Hotel. Doch als nach einer guten Stunde gut vorbereiteter Gerichtsshow der wegen Dopings gesperrten Eisschnellläuferin die Skepsis der Reporter entgegenschlug, hatten sich die Nachrichtensender längst ausgeblendet. Die Kritik an der Inszenierung mit Medienanwalt, Medienmanager, Moderator sowie zwei herbeigeholten Wissenschaftler, die manchen Zweifel und manche Frage übrig ließ, war tags darauf lediglich Zeitungslesern zugänglich.

Claudia Pechstein hat ihre Unschuldsversion öffentlich präsentiert und dabei in gut einstudierter Abfolge auf mögliche Form- und Verfahrensfehler des Weltverbandes ISU hingewiesen. Die 37-Jährige, seriös gekleidet und selbst kontrolliert, hat dabei einen souveränen Eindruck hinterlassen. In dieser Hinsicht ist die öffentliche Entlastungsveranstaltung für sie durchaus als Erfolg zu werten.

Egal ob sie das höchstrichterliche Verfahren gegen ihre aufgrund schwankender Blutwerte ausgesprochene Sperre im Herbst gewinnt oder verliert, egal ob sie bei den Olympischen Spielen in Vancouver noch einmal starten darf oder nicht: Pechsteins Karriere neigt sich dem Ende zu. Für sie geht es um die berufliche Zukunft bei der Bundespolizei, die ein dienstrechtliches Verfahren derzeit ruhen lässt. Und natürlich um das Abschlussbild, das von der erfolgreichsten deutschen Winterathletin im Gedächtnis der Sportwelt haften bleibt.

Der Fall Pechstein ist nicht nur ein sportjuristischer Präzedenzfall für den indirekten Dopingnachweis anhand auffälliger Blutprofile. Auch in der Öffentlichkeitsarbeit setzen Pechsteins Verteidiger Maßstäbe, zumindest in Deutschland. So wie Lance Armstrong seine Sicht der Dinge in die Welt twittert, sonst aber für kritische Nachfragen kaum zu erreichen ist, so geht Pechstein offensiv in die Öffentlichkeit, wie und wann es ihr beliebt – und verschwindet danach wieder.

Zurück lässt Pechsteins Auftritt manche Frage, die nun die ISU beantworten muss – vor allem nach den angeblichen Verwechslungen beziehungsweise möglichen Umetikettierungen von Pechsteins kodierten Blutproben. Aber auch einige Zweifel an der Athletin harren noch der Zerstreuung: Warum schwankten ihre Blutwerte gerade rund um wichtige Wettkämpfe? Und warum weisen, wenn die Messgeräte angeblich so schlecht sind, nicht auch andere Eisschnellläuferinnen derart seltsame Werte auf?

Spätestens bei der Verhandlung vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas im Herbst werden die Indizien anhand all dieser medizinisch-juristischen Fragen gewogen. Ob es aus prozesstaktischer Sicht klug war, die Verteidigungsstrategie schon im Sommer offen zu legen? Die Anwälte, heißt es aus Pechsteins Umgebung, waren jedenfalls nicht unbedingt begeistert von der Berliner Veranstaltung. Ihr Management schon. Es ist vor allem dem öffentlichen Bild Pechsteins verpflichtet, es lebt ja auch davon. Dieses Bild soll und will Claudia Pechstein möglichst selbst prägen – so lange es noch geht.

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