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Da geht’s lang. Michael Ballack will Leverkusen in den Europapokal führen. Foto: dpa

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Comebackversuch: Michael Ballack: Zurück im Kerngeschäft

Nach wochenlangen Diskussionen könnte Michael Ballack für Leverkusen heute sein Comeback geben.

Am Sonntagmorgen durfte Michael Ballack endlich wieder Kapitän sein. Sein Klub Bayer 04 Leverkusen hatte ein Testspiel gegen den Drittligisten Wehen- Wiesbaden für den 33 Jahre alten Rekonvaleszenten organisiert. Und da Leverkusens eigentlicher Kapitän Simon Rolfes immer noch verletzt ist und Vertreter Manuel Friedrich am Tag zuvor im Pokal gespielt hatte, trug Ballack die Kapitänsbinde – sehr zur Freude der gut 100 Besucher, die den Weg zu der nicht offiziell angekündigten Partie in die Leverkusener Arena gefunden hatten. Überhaupt machte Fanliebling Ballack, der schon von 1999 bis 2002 für Leverkusen gespielt hatte, einen guten Eindruck.

Genau drei Monate nach seiner Sprunggelenkverletzung, erlitten in seiner letzten Partie für den FC Chelsea, spielte er 90 Minuten. Er steuerte zwar keinen Treffer zum 4:0-Sieg der Leverkusener bei und vermied harte Zweikämpfe – doch er bereitete ein Tor vor, lenkte das Spiel und schlug ein paar gekonnte Pässe. „Die ersten 90 Minuten nach so langer Zeit sind immer anstrengend“, sagte Ballack später. „Körperlich habe ich noch Nachholbedarf.“ Er sah aber zufrieden aus, denn er wusste, dass das Spiel ein wichtiger Schritt war. Ein Schritt hin zur Rolle des charismatischen Führungsspielers, der Bayer 04 in den nächsten zwei Jahren etwa zehn Millionen Euro wert ist. Wahrscheinlich wird Ballack heute in Leverkusens Europa-League-Spiel gegen Tawrija Simferopol (18.30 Uhr, live bei Sport1) sein Comeback geben. Trainer Jupp Heynckes will kurzfristig über den Einsatz des Stars entscheiden. Zumindest in den Kader wurde Ballack schon einmal berufen.

Ballack will unbedingt dabei sein, und es wird Zeit, dass er wieder spielt. Selten wurde über einen verletzten Fußballer mehr gesprochen als über ihn, wobei sich die Anschauungen in rasanter Art änderten. Als er sich im Mai verletzte, sendete die ARD-Tagesschau einen Brennpunkt, in dem analysiert wurde, wie die deutsche Nationalmannschaft die WM nur ohne ihren Kapitän durchstehen könne. Da inzwischen klar ist, dass die Elf auch mit Anführer Philipp Lahm gut, vielleicht sogar besser auskommt, steht Ballack plötzlich wie ein Auslaufmodell da. Zumal Lahm klargemacht hat, dass er weiter Kapitän sein will. Noch hat sich Bundestrainer Joachim Löw nicht festgelegt, doch seine jüngsten Äußerungen („Egal wie meine Entscheidung ausfällt – die EM 2012 wird er sich nicht entgehen lassen“) deuten eher auf ein Votum gegen Ballack hin.

Ballack war klug genug, keine Kommentare mehr zu dem Thema abzugeben. Bei seiner Präsentation in Leverkusen im Juli verkündete er, dass er sich noch für den Nationalmannschafts-Kapitän halte, nun wartet er auf ein Gespräch mit Löw. Auch als der frühere Münchner und neue Hertha-Profi Christian Lell plötzlich dubiose Anschuldigungen gegen ihn erhob („Michael Ballack hat einen Anteil daran, dass es mir sehr schlecht ging“), schwieg Ballack.

In Leverkusen findet er einigen Rückhalt. Seine Nationalmannschafts-Kollegen René Adler, Stefan Kießling und Patrick Helmes stehen hinter ihm. Und auch Sportmanager Rudi Völler ist ein Verbündeter. Die beiden eint die Abneigung gegen DFB-Teammanager Oliver Bierhoff. Zudem ist der ehemalige DFB-Teamchef Völler Ballack immer noch dankbar für dessen Leistungen während der WM 2002 in Südkorea. „Es gibt keinen Spieler, der im zentralen Mittelfeld so torgefährlich ist wie Ballack“, sagt der 50-Jährige und erinnert an Ballacks Treffer zum 1:0-Sieg im Halbfinale gegen Südkorea. „Er machte das Tor, weil er es unbedingt machen wollte“, meint Völler. „Das möchten wir natürlich hier in Leverkusen wieder von ihm sehen.“

Trainer Jupp Heynckes, der in seiner Karriere oft Probleme mit Stars hatte, hat sich seinerseits mit der Personalie arrangiert. Zwar ist es ein offenes Geheimnis, dass Ballack kein Wunschspieler des 65-Jährigen war, dennoch lobt der Trainer ihn – wenn auch mit leichten Einschränkungen: „Spielertypen wie Michael braucht jede Mannschaft“, sagt Heynckes. Er habe alle Freiheiten im Spiel nach vorn, „aber er muss natürlich genauso in der Defensive arbeiten“. Manchmal nervt Heynckes das Dauerthema Ballack, in der vergangenen Woche wurde er auf einer Pressekonferenz ungehalten. Reporterinnen eines Privatsenders wollten unbedingt von ihm wissen, wie die Äußerungen Lells bei Ballack angekommen seien. Heynckes wies angesäuert darauf hin, dass er nur über Fußball sprechen wolle. Er wird Zeit, dass Ballack wieder spielt.

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