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Erreicht den Korb mit mit Müh’ und Not. Auch ein Infekt hielt Dirk Nowitzki nicht davon ab, kurz vor Schluss die vorentscheidenden Punkte zum 84:81 zu erzielen. Foto: AFP

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Sport: Cool trotz Fieber

Ein geschwächter Dirk Nowitzki führt Dallas zum Sieg, die Mavericks gleichen die NBA-Finalserie aus

Berlin - Dirk Nowitzki schleppte sich über das Feld, kaum einer seiner Würfe wollte in den Korb fallen, der deutsche Basketballer wirkte völlig ausgelaugt, in den Auszeiten vergrub der 32-Jährige seinen Kopf unter einem Handtuch. Ein Infekt hatte den 32-Jährigen vor dem vierten Spiel der NBA-Finalserie gegen die Miami Heat geschwächt – als es darauf ankam, ließ sich der Star der Dallas Mavericks aber auch von seinem Fieber nicht stoppen. Nowitzki erzielte zehn seiner 21 Punkte im Schlussviertel und führte Dallas zu einem 86:83-Sieg, durch den die Mavericks in der „Best of five“-Serie zum 2:2 ausglichen. „Ich werde schlafen, ein paar Medikamente nehmen und dann hoffentlich am Donnerstag wieder bereit sein“, sagte Nowitzki, der auch nach Spielende immer wieder hustete und schniefte. In der Nacht zu Freitag hat Dallas im fünften Spiel noch einmal Heimrecht, die sechste und eine mögliche siebte Partie werden wieder in Miami ausgetragen.

Der Deutsche hatte am Dienstagabend seine ersten drei Würfe getroffen, danach allerdings fehlte ihm gegen die Verteidigung der Heat lange Zeit die nötige Energie. Angeführt von Dwyane Wade, der mit 32 Punkten bester Werfer des Spiels war, zog Miami zu Beginn des Schlussviertels auf 74:65 davon. „Es sah nicht gut aus, als wir mit neun Punkten zurücklagen“, gab Dirk Nowitzki zu. „Aber unsere Energie und unsere Verteidigung haben uns zurück ins Spiel gebracht.“

Mavericks-Trainer Rick Carlisle stellte auf eine Zonenverteidigung um, die Miami im Angriff aus dem Rhythmus brachte. Angeführt von Nowitzki und Jason Terry holte Dallas Punkt um Punkt auf und ging kurz vor Schluss in Führung. Die Vorentscheidung gelang dem Deutschen 14,9 Sekunden vor Schluss, als er seinen Gegenspieler Udonis Haslem stehen ließ und zum 84:81 traf. „Er ist einer der Größten aller Zeiten“, sagte Mavericks-Coach Carlisle über seinen besten Spieler. „Er will den Ball haben, er will die Verantwortung dafür tragen, ob wir gewinnen oder verlieren.“ Nowitzki selbst fand wie gewohnt eher nüchterne Worte für seinen wichtigen Korbleger: „Ich habe einfach eine kleine Lücke gesehen und bin zum Korb gezogen.“

Direkt vor der Schlusssirene des packenden und stets engen Spiels hatte Miami noch die Chance zum Ausgleich, doch Wade konnte einen Pass nicht unter Kontrolle bringen, ein letzter Verzweiflungswurf verfehlte sein Ziel. Die große Enttäuschung auf Seiten der Heat war aber LeBron James: Dem Superstar gelangen nur acht Punkte, erstmals in den bisherigen 90 Play-off-Spielen seiner Karriere erzielte der 26-Jährige weniger als zehn Zähler. „Es ärgert mich, dass ich meiner Mannschaft in der Offensive nicht mehr geholfen habe“, sagte James, der gerade in der Schlussphase kaum zu sehen war.

Thema des Abends war aber nicht James’ ungewöhnliche Schwäche, sondern Nowitzkis Energieleistung. Einige amerikanische Beobachter zogen sogar den Vergleich zu Michael Jordans legendärem „Grippe-Spiel“: In der fünften Partie der Finalserie 1997 hatte Jordan die Chicago Bulls mit 38 Punkten zum Sieg über die Utah Jazz geführt, obwohl er unter hohem Fieber litt. „Wow, ein Jordan-Vergleich“, sagte Nowitzkis Mitspieler Jason Terry. „So weit würde ich nicht gehen. Aber dass Dirk diesen wichtigen Wurf am Ende getroffen hat, war der Schlüssel zum Sieg.“ Auch Terry selbst behielt die Nerven, als er mit zwei verwandelten Freiwürfen die letzten beiden Punkte der Mavericks erzielte. Von Center Tyson Chandler (13 Punkte, 16 Rebounds) und anderen Bankspieler bekam Nowitzki am Dienstag ebenfalls jene Unterstützung, die ihm bei der 86:88-Niederlage im dritten Spiel noch gefehlt hatte.

Chandler sagte, allen Mavericks-Spielern sei klar gewesen, wie sehr ihr Kapitän sie an diesem Abend brauchen würde. „Vor dem Spiel konnte Dirk kaum sprechen, jedes Mal, wenn er etwas sagen wollte, hat er angefangen zu husten“, sagte Chandler. „Er hat heute unglaublich viel Herz gezeigt.“ In der Nacht vor dem Spiel hatte Nowitzki kaum geschlafen, im amerikanischen Fernsehen spekulierten die Kommentatoren darüber, ob seine Körpertemperatur nun bei 101 oder 103 Grad Fahrenheit, also bei 38 oder 39 Grad Celsius, liegen würde. „Er hat alles gegeben, was möglich war“, sagte Carlisle. „Es war nicht leicht, sich da durchzukämpfen.“

Der Sieg von Rick Carlisles Team war ein weiterer Beweis dafür, wie mental stark und entschlossen die Mavericks in diesen Play-offs auftreten. Die erfahrenen Mavericks ließen sich nicht aus der Ruhe bringen – weder vom Rückstand im Schlussviertel, noch von vielen vergebenen guten Wurfmöglichkeiten oder der offensichtlich angeschlagenen Gesundheit ihres Anführers. Miami hingegen leistete sich viele unnötige Ballverluste, acht Angriffe in Folge gelang dem Team aus Florida im letzten Viertel kein Punkt.

Zwei Siege braucht Dirk Nowitzki noch, um sich seinen Traum vom NBA-Titel zu erfüllen. Von einer erhöhten Temperatur wird er sich dabei nicht aufhalten lassen, das hat er am Dienstag klargemacht.

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