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Reiseleiter. Cristiano Ronaldo führte Portugal mit vier Toren in zwei Spielen gegen Schweden zur WM.

© AFP

Cristiano Ronaldo: Gut vorbereitet, genial vollendet

Portugal hat eben ein wenig mehr fußballerische Substanz als Schweden: Das Duell der Superstars in der WM-Qualifikation entscheidet Ronaldo gegen Ibrahimovic dank der besseren Mitspieler für sich.

In der Nacht haben sie sich alle vor ihm verneigt. Das portugiesische Boulevardblatt „Record“ titelte in angemessener Unbescheidenheit: „Wir haben Supermann!“ Hugo Almeida befand: „Es ist mir unverständlich, warum man noch diskutiert, wer der beste Spieler der Welt ist.“ In seiner Stilkritik kam der portugiesische Stürmer zum selben Urteil wie der aus London twitternde Altmeister Gary Lineker: „Ronaldo ist nicht von diesem Planeten.“ Und auf dem Marques de Pombal im Zentrum Lissabons skandierte die entrückte Menge: „Cristiano, wir lieben dich!“

Es war die Nacht des Cristiano Ronaldo. Alle drei Tore hatte er geschossen zum 3:2-Sieg im Play-off-Rückspiel gegen Schweden und seine Portugiesen damit zur Fußball-Weltmeisterschaft im kommenden Sommer nach Brasilien. Es war ein öffentlich vorgetragener Anspruch auf den Titel des Weltfußballers, aber darüber mochte er nicht reden. Nicht in dieser Nacht. „Ich muss niemandem etwas beweisen“, sprach Ronaldo. „Ich gebe meine Antworten auf dem Platz, und mehr habe ich nicht zu sagen“, mal abgesehen davon, dass es „wahrscheinlich mein bestes Länderspiel war“.

Auf dem Platz klatsche Zlatan Ibrahimovic demonstrativ Beifall. Da war das Spiel nach Ronaldos drittem Tor noch gar nicht beendet. Portugal gegen Schweden, das war vor allem das Duell zwischen Ronaldo und Ibrahimovic. Sechs Tore fielen in den beiden Spielen von Lissabon und Solna. Vier schoss der Weltstar aus Madeira, zwei der aus Malmö. Doch der Fußballplatz ist zu groß, als dass er von zwei Persönlichkeiten allein ausgefüllt werden könnte, und sei ihr Ego auch noch so ausgeprägt. Es spielen beim Fußball immer noch zwei Mannschaften gegeneinander. Im konkreten Fall hatten die Portugiesen das bessere Ende nicht nur deshalb für sich, weil Cristiano Ronaldo besser war als Zlatan Ibrahimovic. Sondern weil sie als Mannschaft besser funktionierten, weil sie den großen Platz mit mehr Phantasie füllten und die Klasse ihres überragenden Individualisten besser zur Geltung brachten.

Die Portugiesen haben ihr Spiel perfekt nach Cristiano Ronaldos Stärken ausgerichtet. Das ist nicht ehrenrührig, das ist klug. Und besonders schön war es in diesem Play-off-Rückspiel am Dienstag im Stockholmer Vorort Solna zu sehen.

Die Schweden hätten das auch ganz gern gemacht. Einfach Ibrahimovic den Ball auf den Fuß spielen und hoffen, dass er irgendetwas Gescheites damit anstellt. Aber so einfach ist das nicht. Einer auf höchstem intellektuellen und technischen Niveau verteidigenden Mannschaft ist nichts lieber als ein Gegner, der sein Schicksal auf die Füße eines einzigen Spielers legt. Die Spanier haben das vor einem Jahr im EM-Halbfinale gezeigt. Nur ein paar Tage, nachdem Cristiano Ronaldo die Holländer scheinbar ganz allein besiegt hatte, fiel er im Clasico iberico kaum auf. Aber über diese Klasse verfügen die Schweden nicht. Weder in der Rückwärts-, noch in der Vorwärtsbewegung.

Von der Abwehrschwäche profitierte Ronaldo, der Mangel an Kreativität im Angriffsspiel lähmte Ibrahimovic. Seine beiden Tore am Dienstag fielen doch recht gewöhnlich aus. Das erste war ein Kopfball nach einer Ecke, in deren Folge sich die Portugiesen reichlich dämlich angestellt hatten. Das zweite ein Freistoß von der Strafraumgrenze, irgendwie flutschte der Ball durch die Mauer und unter dem Körper des Torhüters Rui Patricio durch.

Portugals Tore waren dagegen Kompositionen von erhabener Schönheit. In der kollektiven Erinnerung bleibt allein der Abschluss, aber dazu wäre es nie gekommen ohne die portugiesische Kunst im Aufbau. Die vertikal und blitzschnell vorgetragene Spieleröffnung aus der Etappe war die heimliche Offenbarung von Solna, und zwar bei allen drei Toren. Beim 1:0 zauberte Joao Moutinho den Ball durch eine nur ihm bekannte Lücke im von drei Schweden besetzten Raum. Das 2:2 entsprang einem klugen Diagonalpass von Hugo Almeida, der offensichtlich doch mehr kann als bolzen und Kopfballduelle gewinnen, wie es aus seiner Bremer Zeit in Erinnerung geblieben ist. Und am schönsten war die Zuarbeit zum Siegtor, abermals exerziert von Joao Moutinho mit einem Effetstoß um die schwedische Abwehr herum.

Am Ende aller Vorbereitungskunst stand jeweils Cristiano Ronaldo mit einer in Sekundenschnelle vorgetragenen Demonstration seiner drei großen Stärken: perfekte Ballannahme, plötzliche Tempoverschärfung, eiskalter Abschluss. In ungewohnter Zurückhaltung formulierte der Mann dieser Nacht von Solna: „Das ist mein Job.“ Es dürfte ihn nicht allzu sehr gestört haben, dass dieser Job ein wenig mehr Beachtung fand als das Werk seiner Adjutanten.

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