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Sport: „Da sind Besserwisser am Werk“

NOK-Präsident Klaus Steinbach über seine Kritiker und das Scheitern der Leipziger Olympiabewerbung

Herr Steinbach, heute tagt das Präsidium des Nationalen Olympischen Komitees in Berlin. Sie erwartet eine harte Sitzung…

Das wird eine ganz normale Präsidiumssitzung. Schwerpunkt wird die Berufung eines Teils der Olympiamannschaft für Athen sein, und es wird um einige Entwicklungen im NOK gehen.

Müssen Sie nicht über Leipzigs gescheiterte Bewerbung für Olympia 2012 reden?

Das tun wir. Wir werden mit der Aufarbeitung beginnen, werden Stärken und Schwächen analysieren.

Immer mehr Sportpolitiker sagen, die nationale Vorauswahl des NOK war falsch.

Wenn etwas schief gelaufen ist, gibt es immer Stimmen, die sofort wissen, wer die Schuldigen sind. Plötzlich melden sich viele: Das konnte nichts werden, das habe ich alles vorher gewusst. Da sind einige Besserwisser am Werk, die sich im Bewerbungsprozess leider zurückgehalten haben mit ihrem Engagement.

Damit meinen Sie Manfred von Richthofen, den Präsidenten des Deutschen Sportbundes?

Nein, damit meine ich überhaupt niemanden persönlich.

Aber die Kritik ist gewachsen am nationalen Auswahlprozess. Die SPD-Sportexpertin Dagmar Freitag sagt, auch der NOK-Präsident müsse sich verantworten.

Frau Freitag muss sich ebenfalls verantworten, schließlich ist sie Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. In dieser Funktion war sie an der Bewerbung beteiligt, auch wenn sie zunächst für Düsseldorf gekämpft hat und nachher nicht für Leipzig.

Warum hat das NOK nicht Hamburg gewählt mit seinem Konzept kompakter Spiele am Wasser? Die Stadt ist immerhin nicht so klein wie Leipzig.

Da müssen Sie diejenigen fragen, die demokratisch gewählt haben. Die Evaluierungskommission des NOK hatte Hamburg auf Platz eins bewertet.

Das Internationale Olympische Komitee hat gesagt, Leipzig sei zu klein. Warum war die Grenze von 1,5 Millionen Einwohnern den deutschen Bewerbern nicht bekannt?

Diese Grenze ist vorher nie benannt worden. Das hat das IOC erst nach der Entscheidung am 18. Mai gesagt. Aus den Äußerungen von IOC-Präsident Jacques Rogge nach der Wahl wird noch etwas deutlich: Die Unsicherheit vor den Spielen in Athen hatte Einfluss auf die Entscheidung. In Zukunft will das IOC offenbar Infrastruktur, Hotels und Sportstätten lange vor den Spielen sehen und sich nicht mehr auf Planungen verlassen. Das war vor zwei Jahren so nicht absehbar.

Hat das NOK auch Fehler gemacht?

Wir werden die Aufarbeitung der Bewerbung am Freitag diskutieren und weiter intensiv analysieren. Dem Ergebnis der Untersuchung kann ich nicht vorgreifen.

Haben Sie persönlich Fehler gemacht?

Ich halte gerne den Kopf hin für Dinge, die ich alleine verantworte. Als Arzt bin ich das gewohnt. Ich kann aber nicht einen Gesamtprozess alleine verantworten, der mit dem Beschluss des NOK-Präsidiums im Jahr 2001, sich für Olympia zu bewerben, begonnen hat und mit einer demokratischen Wahl der Bewerberstadt durch die NOK-Vollversammlung fortgesetzt wurde. Nach der Entscheidung für Leipzig habe ich die Kandidatur mit all meiner Kraft und nach bestem Wissen und Gewissen unterstützt.

Aber Leipzig ist gescheitert!

Das ist mir bewusst.

Warum wurde Leipzig vom NOK bei den Hotelkapazitäten sehr gut bewertet?

Wir werden in die Untersuchung auch die Arbeit der Evaluierungskommission einbeziehen.

Das IOC fand Leipzigs Beherbergungspläne unausgereift. Hätte man den nationalen Evaluierungsbericht, den das NOK erstellt hat, nicht stärker an den Kriterien des IOC orientieren müssen?

Wir haben zusätzliche nationale Kriterien aufgenommen, das stimmt. Dass eine dritte Sportstunde in den Schulen einer Bewerberstadt keinen Einfluss hat auf den Erfolg einer deutschen Kandidatur, war jedem Beteiligten klar. Aber es sollte mit Hilfe nationaler Kriterien dem Sport in den Regionen geholfen werden. Das kann man nachvollziehen.

Im Deutschen Sportbund formiert sich Protest gegen das NOK. Auslöser ist die Stellenausschreibung für einen Abteilungsleiter Olympischer Leistungssport durch das NOK. Der Sportbund wusste davon nichts.

Also, das NOK muss niemanden fragen, wenn es eine Stelle ausschreibt. Das NOK will mit der Stelle seiner Kernaufgabe Olympischer Spitzensport gerecht werden und den Mitgliedsverbänden in diesem Bereich optimale Betreuung bieten.

Herr Steinbach, haben Sie mal ans Aufgeben gedacht?

Nein, das habe ich nicht. Schon als Sportler bin ich vor keiner Auseinandersetzung davongelaufen. Ich wurde im November 2002 für vier Jahre gewählt und werde mich weiterhin mit ganzer Kraft zum Wohle des NOK einsetzen.

Das Gespräch führte Robert Ide.

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