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Auf diese Beine müssen sie schauen. Die Münchner beim Beweglichkeitstraining vor dem Finale. Foto: dpa

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Sport: Dahoam ist daheim

Gelöste Bayern-Spieler zeigen sich vor dem Finale in der eigenen Arena selbstbewusst.

Die Weltpresse ist ein wenig irritiert in diesen Tagen vor dem Champions-League-Finale in München. Überall diese Plakate und Überschriften in den Zeitungen, alle mit diesem Wörtchen, das sich auch bei intensivstem Nachschlagen in keinem Wörterbuch finden lässt. Also hat die Weltpresse Philipp Lahm gefragt: „Was bedeutet eigentlich dahoam?“

Philipp Lahm spricht für gewöhnlich Hochdeutsch ohne bayerische Einfärbung, aber die großflächig plakatierte Bayern-Parole „Finale dahoam!“ trifft bei ihm natürlich auf vollste Zustimmung. „Also dahoam heißt daheim, wir spielen hier zu Hause“, sagt Lahm, „das gilt ganz besonders für mich, denn ich bin in München geboren und aufgewachsen, der FC Bayern ist mein Heimatklub, und so ein Finale zu Hause zu spielen ist natürlich eine großartige Sache!“ Warum? „Hmm, wir kennen die Kabine, sind vorher in unserem Hotel, na ja, wir kennen die ganze Anfahrt, das gibt schon ein gutes Gefühl“. Und wer weiß, vielleicht verirrt sich der Fahrer des Mannschaftsbusses vom FC Chelsea ja und fährt nicht nach Fröttmaning, sondern ins alte Olympiastadion.

Weil aber nun im Mikrokosmos des Europäischen Fußballverbandes Uefa alles korrekt zugehen muss, ist am Freitag noch mal gelost worden. Mit dem Ergebnis, dass der FC Bayern auch in der offiziellen Ansetzung den Status der Heimmannschaft trägt. Dieses Vorspiel haben die Münchner also schon mal gewonnen, und die Lockerheit, mit der sie sich dem Showdown am Freitagabend nähern, sie wirkt nicht gespielt. Bastian Schweinsteiger antwortet auf die Frage, wie er denn die Zeit vor dem Finale zu gestalten denke: „Na, ich lese viel Zeitung, weil ich so gerne Artikel über mich lese, das ist immer sehr amüsant. Und abends werde ich mal auf die Maximilianstraße gehen!“ Selbst Jupp Heynckes, der bestenfalls zum spröden Witz neigende Fachmann auf der Trainerbank, lässt sich auf ein völlig ungewohntes Spielchen ein. Ob er seine Mannschaft zur Vermittlung der allgemeinen Euphorie in München nicht mal durch die Stadt kutschieren mag, will ein Reporter wissen. Gute Idee, sagt Heynckes, „am besten vor dem Spiel, da haben wir noch Zeit und können ein bisschen mit den Fans plaudern. Ich glaube, das ist die optimale Vorbereitung für so ein Finale!“

Hat er Lampenfieber? Heynckes verweist bei solchen Fragen gern auf seine Erfahrung und die daraus gewonnene Gelassenheit. Das hat er in den letzten Wochen so oft gemacht, dass seine Leistung als Fußballlehrer ein wenig zu kurz gekommen ist. Also sagt Philipp Lahm noch mal, „wie sehr wir uns unter Jupp Heynckes weiterentwickelt haben. Wir bekommen viel weniger Gegentore, und überhaupt sind wir nicht mehr die Mannschaft von 2010“, die ebenfalls im Finale der Champions League stand und 0:2 gegen Inter Mailand verlor. Das ist ein gutes Stichwort für den Kollegen aus dem defensiven Mittelfeld. „Aus diesem Finale gegen Inter haben wir wichtige Schlüsse gezogen“, sagt Bastian Schweinsteiger. „Unter Louis van Gaal haben wir damals sehr offensiv gespielt“, was Inters Argentinier Diego Milito prompt zum Führungstor nutzte, „und wenn du gegen Inter erst mal hinten liegst, kommst du nicht mehr so schnell zurück.“

Das dürfte sich heute mit dem FC Chelsea ganz ähnlich verhalten. Die Londoner stehen nicht gerade für zauberhaften Angriffsfußball. Aber wie schwer ihnen ein einmal herausgeschossener Vorsprung abzujagen ist, das bekam im Halbfinale die beste Offensivmannschaft der Welt zu spüren. Trotz Messi, Xavi und Iniesta brachte der FC Barcelona im Hinspiel an der Stamford Bridge kein Tor zustande und rannte beim Rückspiel im Camp Nou gegen nur zehn Londoner vergeblich dem erlösenden dritten Tor hinterher. „Aber das war Barcelona, wir sind Bayern, gegen uns werden sie anders spielen“, sagt Jupp Heynckes. „Ich kann mir jedenfalls kaum vorstellen, dass Chelsea gegen uns genauso ultradefensiv auftritt.“

Heynckes’ Kollege Roberto di Matteo hat aus London ausrichten lassen, die Bayern sollten sich mal nicht so sehr über ihren Heimvorteil freuen, denn so ein Spiel vor eigenem Publikum erhöhe auch den Druck. Da sei was dran, findet Philipp Lahm, „aber mit Druck können wir umgehen“. Doch niemand möge bitte den FC Chelsea unterschätzen, denn „in ein Champions-League-Finale kommst du nicht einfach so, das wird ein Spiel auf Augenhöhe“.

Überhaupt, da habe es doch schon ein paar Spiele zwischen den Bayern und Chelsea gegeben. Lahm dreht sich zu Schweinsteiger und fragt: „Wer hat damals noch mal gewonnen? Bayern, oder?“ – „Nee, leider Chelsea.“ Aber das war noch nicht in der vereinseigenen WM-Arena in Fröttmaning, sondern im weitläufigen Kessel des Olympiastadions. Also nicht richtig dahoam.

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