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Heiterkeit bei Hertha. Die beiden Geschäftsführer Ingo Schiller (links) und Michael Preetz mussten auf Mitgliederversammlungen immer wieder die Frage nach einem strategischen Partner beantworten. Nun haben sie eine Antwort gegeben.

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Dank 60-Millionen-Deal: Hertha BSC - flüssig für die Zukunft

Der 60-Millionen-Deal bietet dem Berliner Bundesligisten Hertha BSC eine neue, solide Geschäftsgrundlage – Tore aber schießt sie noch lange nicht.

Mal angenommen, Herthas-Finanzchef Ingo Schiller, würde sich am Montag einen Kontoauszug des Berliner Fußballunternehmens ziehen, dann würde er dort kein dickes Minus mehr sehen, sondern ein hübsches Sümmchen auf der Habenseite. Natürlich wird Schiller das nicht machen, diese Form der Vergewisserung hat der 48 Jahre alte Betriebswirt nicht nötig. Die gut 60 Millionen Euro sind bereits geflossen. Zu sorgsam und zu intensiv ist an diesem Deal mit dem Finanzunternehmen Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) gebastelt worden. Nun sei die Arbeitslast von ihm abgefallen; einmal kurz angestoßen im Kreise der engsten Mitarbeiter – das war es auch schon. Am Sonntag wird Schiller im Olympiastadion sitzen und der Mannschaft die Daumen gegen Nürnberg drücken. Darum geht es ja eigentlich.

Doch die Geschäftsgrundlage hat sich dramatisch verändert. Vorboten der Partnerschaft reichen gut zwei Jahre zurück. Zusammen mit der Schweizer Investmentfirma IM1872 sei Hertha in steten Überlegungen gewesen, wie und was man zusammen auf die Beine stellen könne. Nach Herthas Wiederaufstieg in die Bundesliga im vergangenen Jahr sei die Arbeit noch einmal intensiviert worden, erzählt Schiller. Schließlich stellte die Investmentfirma IM1872, die ihren Fokus auf dem europäischen Sportsektor hat, den entscheidenden Kontakt zu KKR her. „Wir haben den idealen Partner gefunden“, sagt Schiller. Hertha setzte hierbei vor allem auf Nachhaltigkeit.

Die Laufzeit der strategischen Partnerschaft ist auf sieben Jahre fixiert worden. Und Planungssicherheit ist gerade auch im schnelllebigen Fußballgeschäft ein hohes Gut. Neben dem Kapitalzufluss verspricht sich Hertha, vom Know-how und dem internationalen Netzwerk der weltweit agierenden Amerikaner profitieren zu können. Vielleicht lässt sich das eine oder andere Unternehmen für ein künftiges Sponsoring interessieren. Der Investor selbst setzt in erster Linie auf einen Wertzuwachs des Fußballunternehmens. Vor allem sieht KKR „ein deutliches Potenzial darin, den Verein national und international stärker zu etablieren“, wie KKR-Europachef Johannes Huth sagt. Für sein Unternehmen zieht wohl insbesondere das Berlin-Moment an Hertha und die wachsende internationale Wahrnehmung der Bundesliga durch das deutsche Champions-League-Finale.

Nun wird Hertha den Fußball nicht gleich neu erfinden, geschweige denn aus den Angeln heben. Sportlich ändert sich erst einmal nicht so viel, eher auf Sicht. Tatsächlich verschafft der Einstieg des Investors Einsparungen eines hohen einstelligen Millionenbetrages jährlich. „Mit dem heutigen Tag haben wir uns ungleich mehr Spielräume erarbeitet“, sagt Michael Preetz. Der Sport-Geschäftsführer macht aber zugleich deutlich, „dass sich unsere Strategie überhaupt nicht ändert“. Hertha werde weiter „mit viel Augenmaß“ die Mannschaft verbessern und weiterentwickeln. Wirtschaftlich aber ändert sich viel, wenn nicht gar alles, wie es Schiller sagt. Er denkt dabei an Stichworte wie Entschuldung, Kostenersparnis, positives Eigenkapital und Langfristigkeit.

Der Stammverein Hertha BSC behält 90,3 Prozent

Die gut 60 Millionen Euro teilen sich wie folgt auf. Für rund 20 Millionen Euro hat der Investor 9,7 Prozent Anteile an der Hertha BSC GmbH und Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien, kurz KGaA, erworben. Die restlichen 90,3 Prozent hält der Hertha BSC Stammverein. KKR erhält zudem einen Sitz im Aufsichtsrat der KG und „meine Mobilnummer“, wie Schiller sagt. Darüber hinaus ist ein hoher einstelliger Millionenbetrag als Einmalzahlung geleistet worden, vergleichbar einer Signing fee. Der größte Posten, rund 34 Millionen Euro, fließen Hertha als eine Art Vorfinanzierung künftiger Einnahmen zu. Hierfür wird Hertha jährlich eine fest vereinbarte Rückzahlung an den Investor leisten. Diese Belastung sei allerdings „deutlichst“ (Schiller) niedriger ist, als die Zinsbelastung, die Hertha bisher für Kredite etwa bei Banken bezahlt hat. Diese Kredite bei verschiedenen Banken stammen bekanntlich aus Zeiten der Hochzinsphase. Die nun vereinbarten Zahlungen machen weniger als die Hälfte ehemaliger Belastungen aus.

Verwendet wird das Geld in erster Linie zur Rückführung der Schulden. Zum 30. Juni 2013 wies Hertha einen Schuldenstand von knapp 37 Millionen Euro aus. Schiller spricht davon, dass Hertha nun „alle zinstragenden Verbindlichkeiten“ ablöst, was gleichwohl nicht bedeutet, dass Hertha mit einem Schlag schuldenfrei sei. Dieser Punkt ist Schiller wichtig. Zudem wird Hertha einst veräußerte Rechte zurückerwerben, wie etwa die am Stadioncatering für die Zeit von 2014 bis 2020 im Wert von zehn bis zwölf Millionen Euro. Daneben kauft Hertha TV- und Marketingrechte zurück. Hiervon ist insbesondere der Vertrag mit Herthas Vermarkter Sportfive betroffen, der beispielsweise künftige TV-Einnahmen des Klubs vorfinanziert hatte. Das alles wird die künftige Einnahmesituation des Vereins verbessern. Zudem wird aus dem Fehlbetrag beim Eigenkapital von rund 8,3 Millionen Euro (Bilanzstichtag 30. Juni 2013) ein positiver zweistelliger Millionenbetrag.

Die Fan-Anleihe wird weiterhin jährlich verzinst

Unberührt von den neuen finanziellen Gegebenheiten bleibt der Umgang mit der Fan-Anleihe, die Hertha 2010 ausgegeben hatte. Die läuft planmäßig bis 2016 und wird jährlich verzinst.

Ingo Schiller ist zufrieden mit dem Abschluss, der für Hertha einem „Quantensprung“ gleichkomme, wie es Preetz ausdrückt. Schiller, der seit 1998 Herthas Finanzen verwaltet, ist sich sicher, dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) keine Einwände erheben wird. Der Abschluss sei statutenkonform. Selbst für den Fall eines erneuten Abstiegs würde sich an der Partnerschaft nichts ändern.

„Wir haben für beide Seiten versucht, das Risiko so gut es geht auszuschließen“, sagt Schiller und widerspricht zugleich, dass Hertha jene 34 Millionen Euro aus der Vorfinanzierung in sieben Jahren zurückzuzahlen hat. Hertha könne das tun, müsse es aber nicht. Als wahrscheinlicher gilt wohl, dass der Investor diese Summe in weitere Anteile an der KGaA umwandelt. Eine Aufstockung seiner Anteile bis zu 33,3 Prozent ist vertraglich zulässig. Ebenso, dass der Investor seine Anteile veräußern darf. Für diesen Fall aber besitzt Hertha ein Vorkaufsrecht. Bis dahin ist der Investor über seine KG-Beteiligung an möglichen Gewinnen Herthas beteiligt. Doch selbst für den Fall, dass Hertha jährliche Gewinne erwirtschaftet, hat die Gesellschafterversammlung darüber zu befinden, ob eine Dividende ausgezahlt wird oder aber der Gewinn im Unternehmen verbleibt, was wiederum einer Wertsteigerung des Unternehmens gleichkäme. Und das ist das erste Interesse des Investors.

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