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Sport: Dardais Gesetz

Der Ungar schien bei Hertha keine Chance mehr zu haben, jetzt ist er sogar international wieder dabei

Pal Dardai hat sich bisher nicht unbedingt durch seine prophetischen Fähigkeiten ausgezeichnet. Etwas mehr als zwei Jahre ist es her, dass der Mittelfeldspieler von Hertha BSC von einer Vision ereilt wurde. Im Trainingslager in Österreich geschah es, und anschließend verkündete Dardai: Ich spüre, es wird etwas Schönes mit uns passieren. Was dann folgte, war die schlimmste Saison für den Berliner Fußball-Bundesligisten seit dem Aufstieg 1997. Insofern war eine gewisse Skepsis angebracht, als sich Dardai in diesem Sommer recht zuversichtlich über seine persönliche Zukunft bei Hertha äußerte. In diesem Fall immerhin stützte der Ungar seine Gewissheit nicht auf ein vages Gefühl, sondern auf seine eigenen Erfahrungen. Man könnte auch von Dardais Gesetz sprechen: Hertha hat einen Kader von 24 bis 28 Profis, und am Ende spielt immer Pal Dardai.

Der Ungar hat das oft genug erlebt: dass er zu Saisonbeginn abgeschrieben war, dann doch wieder in die Mannschaft rückte und sich mit seinem Arbeitsethos unentbehrlich machte. Aber nie war er so abgeschrieben wie in diesem Sommer. In der vorangegangenen Saison hatte er so gut wie gar keinen Anteil an Herthas erfolgreicher Rückkehr aus den Tiefen der Tabellen. Nur sieben Spiele bestritt er von Beginn an, in der Rückrunde waren es zwei. Dardai kam an Niko Kovac nicht vorbei, und für die Position im defensiven Mittelfeld steht seit dieser Saison in dem 18 Jahre alten Kevin Boateng der Mann der Zukunft parat. Dardai? Konnte gehen. Sollte gehen. Aber Dardai ging nicht. Er bleibe in Berlin, selbst wenn das im Zweifel bedeute, dass er zwei Jahre lang, bis zum Ende seines Vertrags, auf der Bank sitzen müsse.

Vielleicht ahnte Dardai, dass es so weit nicht kommen würde, heute allerdings gibt er zu, dass er im Sommer skeptischer war als in den Jahren zuvor. Doch seine Sorgen haben sich als unbegründet erwiesen. Wieder einmal. Heute, bei Herthas Uefa-Cup-Spiel gegen Halmstads BK in Göteborg, wird Dardai in der Anfangsformation stehen, und das nicht nur, weil Kovac verletzt in Berlin geblieben ist. Herthas Trainer Falko Götz sagt: „Es kommen zwei Faktoren zusammen: Pal hat über sehr gute Trainingsleistungen seine Chance im Spiel genutzt, und Niko hat noch nicht die Form aus dem Vorjahr.“

Für Dardai wird es heute das fünfte Pflichtspiel hintereinander sein, in dem er in der Startelf aufläuft. Er habe „immer gesagt: Wenn ich gut trainiere, spiele ich auch gut – und dann komme ich auch zu meinen Einsätzen“. An seinem Trainingseifer gab es nie etwas zu bemängeln. „Ich weiß, dass er brennt vor Ehrgeiz“, sagt Manager Dieter Hoeneß. Dardai hat sich auch nicht nölend an die Presse gewandt oder den Trainer belämmert. Der Ungar sagt, er habe die Sache im Kopf mit sich selbst ausgemacht: „Jeder ist sein eigener Psychologe.“ Auch mit Götz hat Dardai nie über seine Situation gesprochen. „Als es in der vorigen Saison gut lief, konnte ich ja schlecht beim Trainer anklopfen und fragen: Warum spiele ich nicht?“

Hoeneß gibt zu, dass es für Dardai „eine wirklich schwierige Situation war“, umso mehr schätzt er dessen Umgang damit. „Vorbildliches charakterliches Verhalten“ nennt Hoeneß das. Als sich vor kurzem Artur Wichniarek und Thorben Marx öffentlich über ihr Leben als Reservisten beschwerten, verwies Hoeneß auf den Ungarn als leuchtendes Beispiel: „So stellt man sich das eigentlich vor.“ Man kann es für Zufall halten, dass Dardai jetzt wieder regelmäßig spielt, während Wichniarek seit dem vierten Spieltag und Marx seit dem dritten nicht mehr zum Einsatz gekommen sind. Muss man aber nicht.

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