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Sport: Das Argument Ballack

Von Hartmut Scherzer Glasgow. Talkmaster Harald Schmidt kann sich für Leverkusen nicht begeistern.

Von Hartmut Scherzer

Glasgow. Talkmaster Harald Schmidt kann sich für Leverkusen nicht begeistern. „Es täte mir weh“, sagte Schmidt in seiner Late Night Show, „wenn der Ramelow den Champions-League-Pokal hochhebt, und dahinter stehen Zidane und Figo mit der Medaille: Auch teilgenommen." Für den Showmaster würde demnach der Fußball brutal mit Füßen getreten, wenn die Elite-Auswahl von Real Madrid heute Abend im Hampden Park von Glasgow einem Sieger Bayer Leverkusen gratulieren müsste.

Doch Schmidt tut Bayer Unrecht. Carsten Ramelow ist zwar ein braver Kämpfer und der dritte Kapitän, aber nicht die Identifikationsfigur für Leverkusener Spielkultur. Dafür stehen andere: Zé Roberto zum Beispiel, der jedoch fürs Finale gesperrt und nach Jens Nowotny (Kreuzbandriss) der zweite schwerwiegende Ausfall ist. Doch es gibt auch noch Lucio, Bernd Schneider und vor allem Michael Ballack. „Ballack ist das beste Argument für einen Sieg gegen Real Madrid“, sagt Trainer Klaus Toppmöller.

Teamchef Rudi Völler sieht den zum Star mit Persönlichkeitsprofil gereiften Mittelfeld-Strategen „auf dem besten Weg zur Weltklasse eines Zidane und Figo". Ballack müsse dazu nur noch eine gute WM spielen. Doch auch ein starkes Champions-League-Finale täte ihm in seinem Abschiedsspiel vor dem Wechsel von Bayer zu Bayern gut.

Schließlich werden weltweit eine Milliarde Zuschauer via Bildschirm nach Glasgow gucken. In zweieinhalb Wochen, wenn der 25-jährige Schlaks im Nationaltrikot gegen Saudi-Arabien auftritt, dürften sich nicht so viele für das Spiel der deutschen Nationalmannschaft interessieren.

Als sich Ballack nach der Ankunft auf dem Glasgower Flughafen Pestrick den Reportern stellte, verbreitete er Optimismus. „Wir ziehen uns noch einmal hoch“, versprach er. „Wir wollen gewinnen. Denn das ist das Schöne am Fußball: Mit einem Sieg kannst du alle Enttäuschungen der letzten Tage wegspülen.“ Jetzt wartet die schwierigste Aufgabe auf Leverkusen. „Vielleicht liegt uns die Außenseiterrolle", sagt Ballack. Gibt es Showtime, wie Manager Reiner Calmund die Auftritte in der Champions League nannte, auch im Finale?

Reals Trainer Vicente del Bosque möchte Bayers Anspruch, der große Außenseiter zu sein, nicht so einfach hinnehmen. „Sie machen uns zum haushohen Favoriten und wollen uns damit einlullen", sagte del Bosque nach der Ankunft der Spanier in Glasgow. Aber bei Bayer bauen sie auch darauf, dass Real „mit dem Rücken zur Wand steht“, wie Toppmöller sagt. Ausgerechnet im Jahr des 100. Geburtstages haben die Spanier noch nichts gewonnen. Wie Leverkusen. Keinen Pokal, keine Meisterschaft. Nur Dritter. Die weltbeste Mannschaft, muss in die Qualifikation für die Champions League, wenn Real Madrid heute nicht gewinnt. Was für eine Belastung für die erfolgsverwöhnten Spanier.

Was aber, wenn Bayer auch das dritte Finale der Saison verlieren sollte und das Stigma des ewigen Zweiten nicht mehr loswird? Michael Ballack antwortet fast philosophisch: „Es gibt Niederlagen ohne Verlierer."

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