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Sport: Das Charakterspiel

Der EHC Eisbären gewinnt 3:2 in Ingolstadt und gleicht im Play-off-Halbfinale aus

Derrick Walser hustete. Dann musste er lachen. Der Kanadier mit dem Blondschopf schlenderte am frühen Sonntagabend fast ein wenig verlegen zu dem vor der Arena Ingolstadt geparkten Mannschaftsbus der Berliner Eisbären. So wie jemand, der nicht ganz wusste, wie ihm geschehen war. Am Sonnabend noch hatte der Verteidiger in Diensten der Eisbären mit 40 Grad Fieber das Bett gehütet. Walser konnte die Reise zum zweiten Play-off-Halbfinalspiel um die deutsche Eishockey-Meisterschaft zum ERC Ingolstadt nicht antreten. Erst am Sonntagmittag kam er nach. Dreieinhalb Stunden vor Spielbeginn war Walser auf dem Flughafen München gelandet. „Eigentlich wollte ich meine Mitspieler nur etwas entlasten“, sagte Walser. Es kam wesentlich mehr dabei heraus: Der grippegeschwächte Kanadier sollte zum entscheidenden Akteur eines dramatischen Spiels werden. Walser schoss das Siegtor zum 3:2 (2:1, 0:0, 1:1)-Erfolg der Eisbären, die damit in der Best-of-five-Serie nach ihrer 3:5-Niederlage gegen Ingolstadt am Freitag in Berlin zum 1:1 ausgleichen konnten.

Derrick Walser hatte in der 44. Spielminute ein wenig Glück gehabt, weil Ingolstadts Torwart Jimmy Waite von einem Mitspieler behindert wurde, aber trotzdem: Der Einsatz Walsers passte in die ausgezeichnete Leistung seines Teams am Sonntag. Da wirkte auch Pierre Pagés Ausflug ins Pathetische nicht übertrieben. Seine Mannschaft habe „ein Charakterspiel“ gezeigt, sagte der Eisbären-Trainer. Denn auch durch ein frühes Gegentor von Andy McDonald ließen sie sich die Berliner nicht irritieren. Mark Beaufait schaffte vor 4688 Zuschauern in der ausverkauften Halle noch im ersten Drittel den Ausgleich und zwei Minuten vor der ersten Pause sogar die Führung für die Gäste, als er einen Schuss „ein wenig glücklich“, wie Beaufait sagte, ins Ingolstädter Tor abfälschte.

Nach ihrem ersten Rückstand wurden die Bayern zusehends nervöser – und unfairer. Ein Stockstich von McDonald in den Unterleib von Eisbären-Verteidiger Shawn Heins wurde von Schiedsrichter Petr Chvatl (Waldkraiburg) mit einer Spieldauerstrafe bestraft. Heins verschwand nach der Attacke in die Kabine. „Weil ich keine Luft mehr bekommen habe und dachte, ich müsse mich übergeben“, wie Heins erzählte. Doch der Kanadier kam zurück und half mit einer sehr guten Leistung seiner Mannschaft, im letzten Abschnitt den stärker werdenden Ingolstädtern Paroli zu bieten. Denn besonders die 44. Spielminute hatte es in sich. Zunächst überwand Ken Sutton den guten Berliner Torwart Oliver Jonas, doch nur 37 Sekunden nach dem 2:2 kam der große Auftritt von Walser. Nach seinem Tor zum 3:2 hatten die Berliner zwar bange Momente in ihrem Drittel zu überstehen, mehr aber nicht. „Weil jeder gekämpft hat“, wie Shawn Heins sagte. „Und weil wir im Gegensatz zum Freitag Eisbären-Eishockey gespielt haben: hart, schnell und aggressiv.“ Nach dem Spiel gegen Ingolstadt ist nun vor dem Spiel gegen Ingostadt.

Am Donnerstag kommen die Bayern zur dritten Halbfinal-Partie nach Berlin, am Sonntag wird es in jedem Fall ein viertes Spiel in Ingolstadt geben. Und ein Zwischenspiel ist auch garantiert, weil Eisbären-Manager Peter John Lee im Fall des Ingolstädters McDonald nachhaken will. „Ich werde mich wegen McDonalds Foul am Montag bei der Deutschen Eishockey-Liga melden“, sagte Lee. McDonald ist zwar wegen seiner Spieldauerstrafe am Donnerstag gesperrt, mehr aber auch nicht, bisher jedenfalls. „Es kann nicht sein, dass McDonald für so eine brutale Attacke nur ein Spiel Sperre bekommt“, sagte Lee.

Wie auch immer die Geschichte mit McDonald ausgehen mag: Die Eisbären haben bewiesen, dass sie mit einem Rückstand in einer Play-off-Serie umgehen können, „weil wir positiv gedacht haben“, sagte Trainer Pagé. „Ein gutes Team zeichnet sich eben dadurch aus, dass es zurückkommen kann.“ Und deshalb ist die Serie zwischen Berlin und Ingolstadt nun wieder offen.

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