zum Hauptinhalt

Sport: Das Desaster von Detroit

Beim Ryder Cup liegen die US-Golfer klar zurück

Früher einmal hieß Detroit „Motor City“, weil in der Stadt im Norden der USA die Automobilindustrie der neuen Welt saß. Jüngeren Menschen ist Detroit ein Begriff der Technomusik. In den Neunzigerjahren wurde „Detroit Techno“ zu einem Qualitätssiegel. Geprägt wurde dieser Stil durch seine Umgebung, eine ehemals schillernde Industriemetropole, die abgestiegen war. Aus „Motor City“ war längst „Murder City“ geworden, Mordstadt.

Dass Detroit die Quote von einem Toten pro Tag zu beklagen hat, spielt im nördlich gelegenen Detroiter Vorort Bloomfield Townships dieser Tage keine Rolle. Hier im adretten Oakland Hills Country Club steht Golf, genauer gesagt der 35. Ryder Cup, im Vordergrund. Ein prestigeträchtiger Wettbewerb, bei dem sich zwei Zwölfer-Teams aus den USA und Europa gegenüberstehen, um den besseren Golfer-Kontinent zu ermitteln.

Das schmucke, großzügige Clubhaus im Kolonialstil ist blütenweiß gestrichen, der wunderschön und anspruchsvoll angelegte Platz präsentiert sich in einem so strahlenden Grün, wie es nur durch den Einsatz umweltschädlicher Mittel zu erzeugen ist. Rauchende Menschen sieht man auf dem Gelände gar nicht. Und als sei dieses Bild nicht schon voller Klischees über Amerika, steht dem Team der Gastgeber mit Hal Sutton auch noch ein Kapitän vor, der alle Vorurteile potenziert.

Zum ersten Abschlag erschien der Südstaatler mit einem Cowboyhut. Zuvor hatte er zur Attacke aufgerufen. „Ich fühlte, dass die Geschichte das brauchte“, kommentierte er seine Entscheidung, am Freitag die beiden besten Akteure, Tiger Woods und Phil Mickelson, Seite an Seite in einem Match antreten zu lassen. Mit Rücksicht auf die Animositäten zwischen den beiden Superstars hatten Suttons Vorgänger auf diese Kombination verzichtet.

Doch die beabsichtigte Demonstration der Stärke verpuffte in Oakland Hills gleich zu Beginn. Nach den zwölf Vierern lag der ohne einen einzigen Major-Sieger im Team angetretene Titelverteidiger aus Europa am Samstag mit 8 zu 4 Punkten in Front. In den abschließenden zwölf Einzeln am Sonntag benötigen die Europäer nur noch 6 Punkte, um ihren Titel zu verteidigen.

Angesichts der bevorstehenden Niederlage sprach Hal Sutton nicht mehr wie in den Tagen zuvor noch von seinen Spielern, sondern von „den Amerikanern“. Seine Jungs hatten ihn bitter enttäuscht. Er habe „bei den Amerikanern“ zu viel Steifheit festgestellt, sagte der Mann aus Louisiana.

Seinen Fehler, Mickelson und Woods gegen alle Empfehlungen gemeinsam in ein Match gesteckt zu haben, suchte Sutton mit Populismus zu entkräften. Diese Traumbesetzung habe doch jeder gewollt. Nach dem Scheitern dieses Versuchs suspendierte er Mickelson und verkündete, es würde ihn nicht stören, wenn die Nummer vier der Weltrangliste die anderen Spieler anfeuere, statt selbst zu spielen.

Thomas Lötz[Detroit]

Zur Startseite