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Jerome Boateng rettet artistisch auf der Linie.

© REUTERS

Das DFB-Team in der Einzelkritik: Jerome Boateng: Der Tatortreiniger

Mario Götze ist nicht Mario Gomez, Thomas Müller kämpft gegen Vorurteile und Jerome Boateng ist in WM-Final-Form. Die deutschen Spieler in der Einzelkritik.

Manuel Neuer: Manu, der Kapitän. Durfte im Stade Pierre Mauroy schon nach fünf Minuten zum ersten Mal durch die milde Abendluft fliegen, um den Schuss von Konopljanka aus dem Winkel zu fischen. Überlegte kurz darauf ein wenig zu lange, ob er der Welt schon zum EM-Auftakt eine erste Einlage als Libero bieten sollte – ließ es dann lieber bleiben. Grandios seine Rettungstat gegen Chatscheridi, nachdem er zuvor nicht entschlossen genug aus seinem Tor gekommen war, ebenso beim gefährlichen Freistoß von Rakizky in der zweiten Hälfte.

Benedikt Höwedes: Bekam den Vorzug vor dem jungen Joshua Kimmich; zum einen wegen seiner Erfahrung, zum anderen wegen des starken Jewgen Konopljanka auf der linken Seite der Ukrainer. War nicht immer in der gefährlichen Zone zu finden, weil er sich vergleichsweise intensiv mit dem eigenen Offensivspiel beschäftigte. Jagte allerdings vergebens einem Assist hinterher.

Jerome Boateng: Schon im ersten Gruppenspiel der EM wieder in WM-Final-Form, vor allem in der 37. Minute, als er wie einst gegen Messi den Ball von Sosulja gerade noch von der Linie kratzte. Finalform war auch notwendig, weil die Deutschen in der Defensive zeitweise arg nachlässig waren und viele Bälle für Jerome, den Tatortreiniger, übrig ließen.

Shkodran Mustafi: Platzhalter für Mats Hummels in der Innenverteidigung. Vor dem Spiel hätte das viele beunruhigt, nach dem Spiel nicht mehr. Energisch und aufmerksam, dazu vor dem gegnerischen Tor sehr überzeugend in der Rolle der Wuchtbrumme, als er den Ball nach einem Freistoß von Toni Kroos per Kopf regelrecht ins Netz wuchtete. War im elften Länderspiel sein erstes Tor für die Nationalmannschaft. Muss in Kürze trotzdem für Hummels zurück auf die Bank.

Jonas Hector: Fand sich in der Anfangsphase einmal völlig unerwartet in Mittelstürmerposition wieder und jagte den Ball mit seinem schwachen rechten Schienbein übers Tor. War sonst in der Defensive mit Jarmolenko ausreichend ausgelastet und erledigte seinen Job mit Anstand.

Sami Khedira: Ist als Box-to-Box-Spieler eigentlich zwischen den Strafräumen unterwegs. Hatte seine beste Szene allerdings im ukrainischen Strafraum, nachdem er seinen Laufweg perfekt mit der Flugkurve des Balles synchronisiert hatte, jedoch an Torhüter Pjatow scheiterte. Auch sonst sehr aktiv in der Offensive. Im Passspiel nicht immer sauber und mit einiger Streuung, dafür erfreulich engagiert.

Toni Kroos: Spielte schon nach fünf Minuten einen Fehlpass, was sonst im Schnitt nur alle Dreiviertelstunde vorkommt; grätschte dafür kurz darauf Jarmolenko den Ball vom Fuß, was sonst im Schnitt nur alle Dreiviertelstunde vorkommt. Bereitete das 1:0 vor, auch Khediras Großchance und scheiterte nach der Pause denkbar knapp mit einem Distanzschuss. Sein Problem ist: Was bei anderen spektakulär wäre, ist bei ihm einfach normal.

Thomas Müller: Kämpft gegen das Vorurteil an, dass ihm Europameisterschaften irgendwie nicht liegen. Trifft bei der WM nach Belieben, bei der EM bisher noch nie. Fiel in der Offensive gegen die Ukraine tatsächlich lange nicht weiter auf. Brauchte 75 Minuten für seinen ersten Torschuss. Dafür sehr fleißig in der Defensive. War einmal sogar hinten links, im Hoheitsgebiet von Jonas Hector, zu finden. Wurde dafür zur Strafe von seinem ukrainischen Gegenspieler getunnelt.

Mesut Özil: Der Bundestrainer hatte ihn vor dem Spiel so penetrant gelobt, dass man das ruhig als Aufforderung zu besonderen Leistungen während des Turniers verstehen durfte. Wollte es vielleicht ein bisschen zu besonders machen, wirkte dadurch oft etwas zu umständlich. Scheiterte kurz vor Schluss an Pjatow.

Julian Draxler: Entschied das wolfsburginterne Duell um den Platz des verletzten Marco Reus für sich und durfte im linken offensiven Mittelfeld beginnen. Hatte es nicht leicht gegen die massige Defensive der Ukrainier, konnte sich trotzdem zumindest momentweise in Szene setzen, so unmittelbar nach der Pause, als er den Ball von links mit rechts aufs Tor schlenzte, aber an Pjatow scheiterte.

Mario Götze: Ist nicht Mario Gomez, was a) keine neue Erkenntnis und b) nicht seine Schuld ist. Das Problem ist, dass sich das bis zu seinen Kollegen offensichtlich nicht rumgesprochen hatte. Die schlugen vor der Pause Flanke auf Flanke in den ukrainischen Strafraum, als wäre der von einer echten Neun besetzt und eben nicht von Götze. So flog das Spiel irgendwie über ihn hinweg.

André Schürrle: Kam zehn Minuten vor Schluss für Draxler. Stellte damit sicher, dass in Lille jederzeit ein Wolfsburger auf dem Platz stand, und verfehlte kurz nach seiner Einwechslung nur knapp das Tor.

Bastian Schweinsteiger: Durfte eine Minute vor Schluss noch aufs Feld, sich ein bisschen einspielen fürs Finale. Wurde mit riesigem Applaus begrüßt. Und bedankte sich für seine Einwechslung mit einem schönen Tor.

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