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Sport: Das Duell am Bosporus

Beim Spiel Türkei – England treffen sich Europas aggressivste Fans

Istanbul. Der Istanbuler Stadtteil Kadiköy bereitet sich auf den Ausnahmezustand vor. Im Stadion Sükrü Saracoglu, in dem normalerweise Christoph Daums Klub Fenerbahce residiert, kämpft die türkische Fußball-Nationalmannschaft an diesem Samstag im Spiel gegen England um die Qualifikation für die Europameisterschaft im nächsten Jahr. „Wir werden gewinnen“, schreiben die türkischen Zeitungen schon – obwohl die Türkei in all ihren Spielen gegen England bisher noch nicht ein einziges Tor erzielt hat.

Selbstzweifel vor großen Spielen sind den Türken wesensfremd. Doch es geht um mehr als um das Geschehen auf dem Spielfeld: Bei dem Duell am Bosporus treffen auch die aggressivsten Fans der europäischen Fußballszene aufeinander, die sich buchstäblich bis aufs Messer bekämpfen. Dem Team des englischen Nationaltrainers Sven Goran Eriksson genügt ein Unentschieden, um sich direkt für die EM in Portugal zu qualifizieren. Die Türkei als Tabellen-Zweiter muss dagegen gewinnen.

Spätestens nach dem 2:0-Auswärtssieg von Meister Besiktas Istanbul bei der englischen Millionärs-Truppe Chelsea in der vergangenen Woche sind die Türken sicher, dass dies bei dem historischen Spiel, wie einige Medien schreiben, auch gelingen wird. „Vor 55 000 Zuschauern können uns die Engländer nicht aufhalten“, sagt der türkische Star Sergen Yalcin, der beide Treffer gegen Chelsea erzielte. Mit Genugtuung verfolgen die Türken auch den Streit um die Vergewaltigungsvorwürfe gegen englische Spieler und um die verpasste Doping-Kontrolle des Verteidigers Rio Ferdinand (siehe oben). Je größer die Unruhe in der Mannschaft des Gegners, desto besser für die Türkei.

Fast noch wichtiger als Tore sind am Samstag aber die Fans. Engländer und Türken müssen mit harten Strafen des europäischen Fußballverbandes Uefa bis hin zur Disqualifikation für die EM rechnen, wenn sich ihre Schlachtenbummler nicht benehmen. Beim Hinspiel in England im April gab es Schlägereien und rassistische Schmäh-Gesänge der englischen Fans. Die Verbände beider Länder einigten sich deshalb darauf, englische Fans beim Rückspiel in Kadiköy im asiatischen Teil Istanbuls nicht ins Stadion zu lassen. Obwohl der englische Verband vor Reisen an den Bosporus warnt, wollen Hartgesottene trotzdem versuchen, ihre Elf zu sehen.

Der Albtraum der Behörden ist eine Wiederholung der schweren Krawalle, die sich 2000 im Stadtzentrum von Istanbul ereigneten. Damals erstachen Türken vor einem Spiel von Galatasaray Istanbul gegen Leeds United zwei englische Fans. Spannungen zwischen beiden Fangruppen gibt es bis heute. Von Vorfreude auf ein Fußballfest kann bei den Behörden keine Rede sein. Alle Verantwortlichen werden froh sein, wenn das historische Spiel vorbei ist.

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