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Sport: Das Eis schmilzt

Großes Eishockey in West-Berlin – das war einmal

Von Katrin Schulze

Berlin - Der Rahmen ist noch der alte. In der Deutschlandhalle – einst Stätte großer Shows, Konzerte und erfolgreichen Sports – zeugen zwei riesige provisorische Stehplatztribünen vom Ruhm alter Zeiten. Zusatzplätze und die unzähligen alten Holzsitze um eine Eisfläche herum – zu diesem großspurigen Ambiente will am Freitagabend der Inhalt allerdingsnicht recht passen: Etwa 100 Fans auf der einen und rund 50 Anhänger auf der anderen Seite versuchen sich vor den viel zu großen Stahlkonstruktionen Gehör zu verschaffen. Doch ihre Gesänge gehen im riesigen Rund der knapp 9000 Zuschauer fassenden Arena unter.

Mit dem Berliner Schlittschuh-Club und dem ECC Preussen, Nachfolger der insolvent gegangenen Berlin Capitals, treffen an diesem Abend in der Regionalliga Ost zwei Traditionsvereine aufeinander. Die Preussen gewinnen schließlich 11:1, aber das interessiert nur Wenige. Diese Begegnung der vierten Liga steht wie kaum eine andere für die Entwicklung im Berliner Eishockeysport – auf West-Berliner Seite. Denn im Eishockey ist die Stadt 18 Jahre nach dem Mauerfall geteilt: Einem florierenden Osten, in dem der EHC Eisbären in dieser Saison wieder einmal sehr erfolgreichen Sport in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) bietet, steht der Westen mit vielen kleinen, um ihre Existenz kämpfenden Vereinen gegenüber. Doch das war nicht immer so. Der Berliner Schlittschuh-Club gilt als ältester Eishockeyverein Deutschlands und gewann bis 1976 gleich 20 Mal den Meistertitel. Auch die Berlin Capitals spielten vor ihrer Insolvenz im Jahr 2002 erfolgreich in der Eishockey-Bundesliga und der DEL.

Warum ist es so schwierig, an diese Tradition anzuknüpfen? Klaus-Werner Riemer seufzt. „In den Jahren der Capitals wurde sehr viel Geld verbrannt“, sagt der Mannschaftsleiter des ECC Preussen. Seitdem seien Sponsoren nicht mehr bereit, viel für einen Verein aufzubringen. Und so kämpfen sie beim ECC zurzeit um ihren Fortbestand und die Gunst der Zuschauer. Plakate mit der Aufschrift „back to the roots“ säumen die Berliner U-Bahnhöfe – eine Anspielung auf die erfolgreichen Jahre der Capitals. „Unser Ziel ist es, langfristig wieder eine Profi-Mannschaft im Westen der Stadt zu etablieren“, sagt Riemer. Schließlich sei Berlin groß genug für zwei gute Eishockeyklubs. „Bis dahin ist es aber ein weiter Weg.“ Er seufzt wieder. Der Weg wird nicht nur schwer, sondern auch teuer: Ein Investor wie der Eisbären-Eigner Philip Anschutz, Milliardär aus Denver, ist im Westen nicht in Sicht. Doch ob die neue Spielstätte der Eisbären, die O2-World am Ostbahnhof, auch Eishockeyanhänger aus dem Westteil anziehen wird, ist offen. „Viele unserer Fans haben eine Aversion gegen das Team aus Hohenschönhausen“, sagt Riemer.

Von einer Konkurrenz zwischen Eishockey-Ost und Eishockey-West will Eisbären-Manager Peter John Lee aber nichts wissen. „Mit der neuen Halle haben wir das Potenzial, in ganz Berlin anzukommen“, sagt er. Erste Anzeichen dafür gibt es auch am Freitagabend in Berlin-Charlottenburg. „Die Eisbären sind ja richtig gut in die Saison gestartet“, sagt da ein Preussen-Fan auf der Tribüne. Und wünscht sich in diesem Augenblick wohl ein bisschen den verblassten Ruhm zurück.

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