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Sport: Das Ende der Harmonie

Nirgendwo wird so viel geschwindelt wie bei Empfängen, großen Geburtstagen und Ehrungen. Das ist auch erlaubt.

Nirgendwo wird so viel geschwindelt wie bei Empfängen, großen Geburtstagen und Ehrungen. Das ist auch erlaubt. Warum sollte ein Klubchef wie Jürgen Friedrich sich nicht inbrünstig und für alle hörbar wünschen, "dass das Schiff 1. FC Kaiserslautern mit vollen Segeln" ins neue Jahr startet und den Ausblick auf einen "internationalen Platz" in Pastelltönen gestalten. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck ("Unser FCK") nickte freundlich, und Altstar Ottmar Walter lächelte. Neujahrsempfang auf dem Betzenberg.

Drinnen schwirrten die guten Wünsche nur so durch die Luft, draußen pfiff ein eisiger Wind, der eher zur Stimmung beim FCK passt. "Wir stehen unglaublich unter Druck", sagte Thomas Hengen leise. Trainer Andreas Brehme war gar nicht erst gekommen, ließ aber mitteilen, "dass wir auf keinen Fall unter die Räder kommen dürfen am Samstag" beim Auftakt in Mönchengladbach. "So wie sich die Konkurrenz verstärkt hat, da kann man schon unruhig werden", gab Friedrich zu. Die Unruhe ist überall spürbar, "weil wir im Dezember die Chance vergeben haben", sagte Hengen.

Niederlagen damals, Niederlagen heute. Drei Vorbereitungsspiele, drei Pleiten. In der Mannschaft bilden sich Grüppchen, die dem Trainergespann Brehme/Reinhard Stumpf das Leben schwer machen. Die aussortierten Spieler wie Jörgen Petterson, Olaf Marschall und Andreas Buck lehnen sich unüberhörbar gegen Brehme und dessen Methoden auf. Buck hatte gar ein Interview mit deftigen Aussagen gegen Brehme ("Konkurrenzkampf gibt es beim FCK nicht") von einem Anwalt prüfen lassen und kurz vor der Veröffentlichung zurückgezogen.

Thomas Hengen war beim Neujahrsempfang nicht gerne Kapitän. Er musste repräsentieren und auch noch Fragen beantworten. "Grüppchen gibt es immer, wenn es nicht läuft. Das beunruhigt mich nicht", sagte er. Als wollte er ein Gegengewicht zu den salbungsvollen Reden setzen, raunte Hengen: "Das mit der Kameradschaft ist doch schon lange tot. Das ist nur eine Zweckgemeinschaft, nicht mehr. Der Rest war vielleicht mal bei Fritz Walter so." Selbst Weltmeister Youri Djorkaeff, der vor Wochen noch einen Aufstand gegen Brehme anzettelte, bringt sich wieder in Stellung. "Ich bin fit und trainiere. Keiner kann mehr sagen, ich bin nicht bereit", sagte der Franzose.

Hengen brachte Lauterns Dilemma auf den Punkt: "Hier sind alle zufrieden, wenn sie mitten in der Saison Dritter oder Vierter sind, und mit einem Schlag bist du Siebter", sagte der Kapitän. "Zweckgemeinschaft", wiederholte er. "Wir müssen das auf dem Spielfeld hinkriegen. Vielleicht haben wir noch nicht die Qualität. Die Mannschaft aber weiß, was sie vergeben hat. Uns wurde das noch einmal eindringlich gesagt". Misserfolge und Streit, so fürchten die Pfälzer, könnten die Träume von WM-Spielen 2006 in Kaiserslautern schmälern. Das wäre fast so schlimm, als wenn die Pfälzer wieder den Platz in einem internationalen Wettbewerb verspielten. Deshalb auch kein Wort über die Aufregungen hinter den Kulissen, weil Spielerberater Roger Wittmann jetzt neun FCK-Profis unter Vertrag hat und mit seinem "Pressesprecher" Mario Basler im Kader ungeniert in fremden Revieren auf Kundenfang geht, was in den letzten Monaten des Öfteren für Ärger sorgte.

Friedrich hätte viel lieber über seine "sportlichen Spinnereien" gesprochen, "weil wir uns wünschen, noch offensiver zu spielen. Hinten gestandene Jungs, die nichts durchlassen, und dann können die vorne machen, was sie wollen." Dass es im Fußball dann eben doch nicht so einfach ist, musste Friedrich in Hannover feststellen. "Er wollte nicht auf mich hören", sagte Friedrich nach dem Gespräch mit Hannovers Vereinschef Martin Kind, dem er den tschechischen Spielmacher Jan Simak abschwatzen wollte. "Wir können warten", sagte Friedrich. "Das neue Jahr hat doch erst angefangen."

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