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Sport: Das Ende einer glanzvollen Geschichte

Lemgos Handballer rutschen in die Krise

Noch gezeichnet von den Strapazen des Spiels stand Daniel Stephan mit gesenktem Blick im Kabinengang der Lemgoer Lipperlandhalle. Normalerweise fallen ihm Erklärungen leicht, wenn es darum geht, Handballspiele zu analysieren. Mit viel Routine bewegt sich der Welthandballer des Jahres 1998 seit mehr als zehn Jahren im Licht der Öffentlichkeit. Doch in diesem Moment war der Kapitän des TBV Lemgo einfach nur ratlos. Es fehlten ihm, der mit zehn Treffern noch der Beste war in seinem Team, die Worte. Nach der 30:33 (16:17)-Heimniederlage seines Teams gegen den chronisch auswärtsschwachen VfL Gummersbach benötigte er quälend lange Sekunden, um Antworten zu finden. „Das ist eine schwere Situation für uns“, sagte Stephan irgendwann, „es fällt schwer, daraus Schlüsse zu ziehen.“ Ahnte er, dass mit diesen deprimierenden 60 Minuten möglicherweise das Ende eine großen Ära gekommen war?

Ein Jahrzehnt lang beherrschte der TBV Lemgo mit dem THW Kiel dieHandball-Szene in Deutschland. Der Verein gewann zwei Meister- und drei Pokaltitel und sicherte sich 1996 sogar den Europapokal der Pokalsieger. Der Klub stellte den Kern der erfolgreichsten deutschen Nationalmannschaft aller Zeiten: Mit Torhüter Ramota, mit den Halbspielern Stephan und Zerbe, dem Mittelmann Baur, dem Rechtsaußen Kehrmann und dem Kreisläufer Schwarzer wurde das Team von Bundestrainer Heiner Brand 2004 Europameister. Dazu kamen eine Vize- Europameisterschaft (2002), eine Vize- Weltmeisterschaft (2003) sowie Olympia-Silber (2004). Insofern hat der Niedergang des TBV, der die letzte Chance auf den Meistertitel verspielte, auch eine nationale Dimension: Stephan und Baur sollen Deutschland 2007 bei der WM im eigenen Land zum ersten Titel seit 1978 führen.

Schon seit einem Jahr behaupten Kritiker, im Grunde habe Lemgo seinen Zenit überschritten. Denn mit Ramota (31 Jahre), Baur (34), Stephan (31), Zerbe (36) und Schwarzer (35) sei das Team überaltert. „An so einem Tag kann ich dem nichts entgegnen“, sagte TBV-Manager Fynn Holpert am Samstag. Gerade Schwarzer und Zerbe wirkten ausgelaugt.

Erschwerend kommt hinzu, dass Lemgo keine starke Ersatzbank hat und Spieler wie Schwarzer und Zerbe durchspielen müssen. „Konsterniert“ war Holpert vor allem deshalb, weil sich die Stars des TBV diesmal in Ruhe auf die Bundesliga-Rückserie vorbereiten konnten. Nur Florian Kehrmann war bei der WM. Und deshalb sagt Holpert ahnungsvoll: „Es geht jetzt nur um Schadensbegrenzung.“

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