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Nehmt ihr den Pokal, mir reicht der Wimpel! Ralf Rangnick hält seinen Anteil am Pokalsieg der Schalker für gering; seine eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt. Foto: Nordphoto

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Sport: Das Erbe Magaths

Schalke steht nach dem Pokalsieg vor einem Neustart

Berlin - Spät in der Nacht entdeckten die Schalker mehr oder weniger zufällig noch ein vielversprechendes Talent in den Tiefen ihres Kaders. Es dauerte nicht lange, da war der junge Mann bereits „der beste Spieler“ des ganzen Vereins. Der Conférencier auf der Bühne hatte die gesamte Mannschaft abgefeiert, jeden Trainer, jeden Betreuer, jeden Physiotherapeuten und natürlich jeden Spieler des neuen Pokalsiegers, von der Nummer 1 bis zur Nummer 36. Das Beste aber hatte sich der Moderator für den Schluss aufgehoben. „Mit der Nummer 19!“, brüllte er ins Publikum, „Mario …“ Der Saal brüllte zurück: „Gavranovic!“

Dann legte Mario Gavranovic das Mikrofon aus der Hand.

Zum Glück verfügt Schalkes 21 Jahre alter Stürmer aus der Schweiz über ein erstaunliches Talent als Entertainer; andernfalls wäre die Darbietung auf der Bühne ein weiterer Grund gewesen, Felix Magath noch einmal auf das Heftigste zu verfluchen. Der frühere Generalbevollmächtigte des FC Schalke hat einen derart opulenten Kader zusammengestellt, dass sich die Präsentation sämtlicher Pokalsieger qua Masse doch arg in die Länge zog.

Immerhin fand die Saison, in der die Schalker mehrmals heftig durchgerüttelt worden waren, mit dem Erfolg von Berlin einen halbwegs versöhnlichen Abschluss. „Es war ein dramatisches Jahr mit vielen Aufs und Abs“, sagte Verteidiger Christoph Metzelder. „Es gibt kaum eine Mannschaft, die es so verdient hat wie wir.“

Das Pokalfinale gegen den MSV Duisburg war nicht nur der Schlusspunkt der Spielzeit 2010/11, es war auch so etwas wie das offizielle Ende der Ära Magath. Dessen Nachfolger Ralf Rangnick hat die Saison alles in allem ordentlich zu Ende verwaltet, auch wenn sich die Mannschaft zuletzt eine Serie von sechs Niederlagen erlaubt hatte: In der Bundesliga verhinderte Rangnick zumindest den Absturz in die Zweite Liga; in der Champions League bescherte er dem Verein mit den beiden Siegen gegen Titelverteidiger Inter Mailand zwei fußballhistorische Abende – und obendrein gab es am Wochenende für den stets ambitionierten Klub den ersten Titel seit neun Jahren zu feiern. Rangnick betrachtete damit alle kurzfristigen Ziele als erreicht.

Sein Vorgänger Magath, der einst angetreten war, um Schalke zum ersten Mal seit 1958 wieder zu Meisterehren zu führen, ist längst Geschichte; die Folgen seines Wirkens aber werden den Verein noch auf absehbare Zeit beschäftigen. Als Trainer und Manager in Personalunion hat er seinen Nachfolgern Rangnick und Horst Heldt einen schwer manövrierbaren Kader hinterlassen, der zudem die finanziellen Möglichkeiten der Schalker bei Weitem übersteigt. 70 Millionen Euro hat das Personal die Schalker in dieser Saison gekostet, gut 15 Millionen mehr als im Jahr zuvor – und deutlich zu viel für einen Verein, der in der kommenden Saison nur in der Europa League vertreten sein wird.

Für Heldt wird es in den kommenden Wochen vorrangig darum gehen, „den Kader zu reduzieren und die größtmögliche Qualität zu halten“. 32 Spieler hat Schalke derzeit unter Vertrag, dazu kehren fünf ausgeliehene Spieler (Lewis Holtby, Tore Reginiussen, Jan Moravek, Carlos Zambrano und Jermaine Jones) zurück. Unter diesen Bedingungen bleibt es nicht aus, auch Spieler abzugeben, die vertraglich noch gebunden sind – unabhängig vom Ausgang der Personalie Manuel Neuer.

Für Ralf Rangnick beginnt erst jetzt die eigentliche Arbeit. Bisher konnte er auf die Zusammenstellung der Mannschaft kaum Einfluss nehmen, und selbst den Pokaltriumph wollte er nur bedingt für sich vereinnahmen. Immerhin sei auch er im DFB-Pokal in dieser Saison ungeschlagen geblieben. Mit Hoffenheim war Rangnick für das Viertelfinale qualifiziert, als er bei der TSG von seinem Amt zurücktrat. „Ich habe zwei Runden übersprungen, sozusagen zwei Freilose gehabt“, sagte er. Zum Finale stieg Rangnick wieder ein, und obwohl er beim 5:0-Sieg gegen den MSV auf der Bank saß, gilt sein Beitrag zu diesem Titel als überschaubar. Die Siegesfeier verließ der Trainer als einer der Ersten, den Pokal hatte er nur höchst widerwillig in die Hand genommen. „Ich steh nicht so auf Gold“, sagte Ralf Rangnick, „hab’s eher mit Silber.“

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