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Sport: Das erste Ziel ist erreicht

Deutsche Handballer schlagen Argentinien 32:20 und ziehen in die Hauptrunde ein – Schwarzer nachnominiert

Mit beiden Fäusten trommelte Johannes Bitter auf die Brust von Oliver Roggisch. Im Stile eines Boxers, der seinem Gegner die Luft nehmen will. Die Antwort kam kurz danach ebenso heftig. Anschließend schauten sich beide mit starrem Gesicht in die Augen und brüllten sich an. Was hatte das vor dem WM-Spiel zwischen Deutschland und Argentinien zu bedeuten? „Nicht Negatives, das ist bei uns beiden schon Ritual. Auf diese Weise puschen wir uns vor jedem Spiel“, sagte Bitter. Diesmal sollte es auch helfen. Beide Magdeburger gehörten im zweiten Spiel der deutschen Mannschaft bei der Handball-WM zu den Besten. Aber nicht nur sie allein konnten aufatmen: Nach dem 32:20 (17:11) gegen Argentinien steht Deutschland in der Hauptrunde.

Und die Meinung aller Beteiligten war ziemlich einhellig, dass dem deutschen Team, dem WM-Gastgeber, nun einiges an Druck genommen ist. Bundestrainer Heiner Brand schaute schon viel gelöster drein als noch nach dem zunächst mühevollen Auftaktspiel in Berlin gegen Brasilien (27:22). „Wir haben das Minimalziel erreicht“, sagte er. „Heute habe ich schon viele gute Sachen gesehen. Am Anfang war es wieder nicht leicht, aber wir haben uns Tor um Tor nach vorn gekämpft.“

Eigentlich sollte im mit 11 000 Zuschauern ausverkauften Gerry-Weber-Stadion im westfälischen Halle auch Kreisläufer Andrej Klimovets eine Chance zur Rehabilitation für seine schwache Leistung in Berlin bekommen, aber daraus wurde nichts. Der Kronauer war extra aus dem Zimmer ausgezogen, um sich nicht beim grippeerkrankten Michael Kraus aus Göppingen, der deshalb gestern nicht spielen konnte, anzustecken. Doch beim Warmmachen zog sich Klimovets einen Muskelfaserriss in der rechten Wade zu. Für ihn kam Sebastian Preiß (Lemgo) zum Einsatz. Er warf ebenso fünf Tore wie Kapitän Markus Baur und Christian Zeitz.

Spät am Abend reagierte Bundestrainer Brand auf Klimovets’ Verletzung und nominierte Christian Schwarzer nach. Der 37-Jährige, der bisher als Experte beim Fernsehen zum Einsatz kam, sollte eigentlich nur im absoluten Notfall noch einmal reaktiviert werden. Der ist nun offensichtlich eingetreten. Schwarzer könnte schon im heutigen Spiel gegen Polen, das Brasilien sicher mit 31:23 besiegte und damit ebenfalls wie die Deutschen in der Gruppe C verlustpunktfrei weiter ist, zum Einsatz kommen. Bis dahin muss Brand noch mehr Probleme in den Griff bekommen: „Wir müssen im Angriff mehr Geduld aufbringen, zu oft kommen Anspiel und Wurf noch zu früh. Wir haben Steigerungsbedarf in allen Bereichen.“

Gegen Argentinien sah das Spiel der Deutschen bis zum 13:11 (25. Minute), als der Gegner sogar in 4:6-Unterzahl ein Tor werfen konnte, erneut nicht berauschend aus. Der Hamburger Pascal Hens wollte Kritik daran nicht gelten lassen. „Man kann nicht erwarten, dass wir so ein Team von Anfang an wegputzen. Wir sind hier bei einer WM“, sagte er. In den fünf Minuten bis zur Halbzeit sah Brand dann jedoch „eine sehr bewegliche Deckung“, so wie er sich den 6:0-Riegel eigentlich über 60 Minuten vorstellt. Das Resultat waren vier Treffer in Folge. Die beifallsfreudigen Zuschauer in Halle hatten jedenfalls ihre helle Freude an diesen Aktionen. Torhüter Henning Fritz trug mit neun gehaltenen Bällen von 20 Würfen der Argentinier dazu bei.

Für Brand war der klare Vorsprung auch deshalb wichtig, damit er „weiteren Spielern einen WM-Einsatz geben konnte“. So kam Johannes Bitter ins Tor. Seine Quote (8 von 17) war sogar noch ein wenig besser als die von Fritz. Bitter hielt auch einen Siebenmeter, und so stieg der Vorsprung der Deutschen beständig. Beim 24:15 (47.) traf zum ersten Mal bei dieser WM Lars Kaufmann, der als Mann der Zukunft im deutschen Team gilt. Auch der künftige Lemgoer, der noch drei Treffer nachlegte, war froh, dass „damit ein wenig der Druck weg ist“.

Gegen Polen allerdings beginnt die WM für die deutschen Spieler nun erst richtig. Eine Niederlage würde die Aussichten in der Hauptrunde schmälern. Denn dort gelten die Vorrunden-Ergebnisse gegen ebenfalls qualifizierte Teams weiter.

Hartmut Moheit[Halle, Westfalen]

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