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Sport: Das fängt ja gut an

Triumphe und Blamagen: Wie deutsche Mannschaften in der Vergangenheit in Qualifikationsrunden gestartet sind

Als typische Turniermannschaft tun sich die deutschen Fußballspieler am Anfang oft schwer. Das trifft auch für die Qualifikationsrunden zu Welt- und Europameisterschaften zu. Ein Rückblick auf mehr oder weniger geglückte Auftaktspiele deutscher Nationalmannschaften.

WM 1934 in Italien. Weil sich nur 21 Mannschaften um die zwölf für Europa reservierten Plätze bewerben, genügt den Deutschen ein 9:1-Sieg in Luxemburg. Im 50. Spiel der deutschen Länderspielgeschichte schießt der 21-jährige Josef Rasselnberg vier Tore. Ein paar Wochen später verletzt er sich am Knie und verpasst die Endrunde in Italien.

WM 1938 in Frankreich. Adolf Urban schießt im ersten von drei Qualifikationsspielen das Tor zum 2:0-Endstand gegen Finnland. Bei der WM fehlt der Schalker, weil Trainer Sepp Herberger auf Befehl Hitlers die Nationalmannschaft zur Hälfte mit Spielern des angeschlossenen Österreich bestücken muss. 1943 lässt Urban sein Leben an der Ostfront.

WM 1954 in der Schweiz. Erstmals nach dem Krieg dürfen die Deutschen wieder mitspielen, zum Auftakt geht es nach Norwegen, wo die Wehrmacht in den letzten Kriegswochen schwerste Verwüstungen angerichtet hatte. Fritz Walter erzielt das Tor zum 1:1-Endstand. Knapp ein Jahr vor dem WM-Finale gegen Ungarn bietet Trainer Herberger schon neun spätere Helden von Bern auf.

WM 1958 in Schweden. Die Bundesrepublik muss als Titelverteidiger nicht in die Qualifikation. Dafür ist die DDR zum ersten Mal dabei. Geschätzte 120 000 Zuschauer im Leipziger Zentralstadion sehen Tore von Günter Wirth und Willy Tröger zum 2:1 gegen Wales. Die restlichen drei Spiele aber gehen verloren.

EM 1960 in Frankreich. Weil Bundestrainer Herberger diesen Wettbewerb für Zeitverschwendung hält, treten die Westdeutschen zur EM-Premiere gar nicht erst an. Für die DDR kommt schon in der ersten Runde nach zwei Niederlagen gegen Portugal das Aus.

WM 1962 in Chile. Die bundesdeutsche Mannschaft schafft mit einem historischen 4:3 in Belfast den ersten Sieg einer Mannschaft vom Kontinent in Nordirland. Die DDR unterliegt den Ungarn in Budapest 0:2, holt in der gesamten Qualifikation nur einen Punkt und tritt zum letzten Spiel nicht mehr an, weil Holland die Erteilung von Visa verweigert.

EM 1964 in Spanien. Wieder verzichten die Westdeutschen. Die DDR überrascht mit einem 2:1 über den WM-Zweiten CSSR und zieht nach einem 1:1 im Rückspiel in die zweite Runde ein. Dort ist gegen Ungarn Schluss.

WM 1966 in England. Unter dem neuen Bundestrainer Helmut Schön gibt es in Berlin nur ein 1:1 gegen Schweden. Die DDR startet mit einem 1:1 in Wien gegen Österreich und muss am Ende wieder Ungarn den Vortritt lassen.

EM 1968 in Italien. Unter Helmut Schön beendet der DFB seinen EM-Boykott und feiert gleich ein 6:0 gegen Albanien. Gerd Müller schießt vier Tore. Mit der EM wird es dennoch nichts, weil Müller im letzten Gruppenspiel bei eben jenen Albanern nicht dabei ist, und die Deutschen zu einem 0:0 stolpern. Die DDR gewinnt ihr erstes Spiel gegen die Niederlande nach einem 0:2-Rückstand noch 4:3. Henning Frenzel ist mit drei Toren der Held. Am Ende reicht es abermals hinter Ungarn nur zu Platz zwei.

WM 1970 in Mexiko. In Wien legt Gerd Müller mit seinem Tor die Basis zum 2:0-Sieg über Österreich. Die DDR muss gegen Italien antreten. Eberhard Vogel und Hans-Jürgen Kreische schießen die DDR zweimal in Führung, doch am Ende heißt es 2:2. Italien gewinnt das Rückspiel 3:0 und fährt nach Mexiko.

EM 1972 in Belgien. Das vermeintlich beste deutsche Team aller Zeiten startet mit einem 1:1 gegen die Türkei. Zum Ausgleich durch Gerd Müller muss schon ein Elfmeter herhalten. Die DDR schafft im ersten Spiel einen 1:0-Sieg über die Niederlande, scheitert aber an Jugoslawien.

WM 1974 in der Bundesrepublik Deutschland. Ausgerechnet zur WM im Land des westdeutschen Klassenfeindes schafft die DDR zum ersten und einzigen Mal die Qualifikation für ein großes Turnier. Am ersten Spieltag gibt es ein 5:0 über Finnland. Ein gewisser Jürgen Sparwasser schießt zwei Tore.

EM 1976 in Jugoslawien. Bundestrainer Schön bietet gegen Griechenland sechs Weltmeister auf, sieben Minuten vor Schluss gelingt Herbert Wimmer das 2:2. Mit Müh und Not reicht das am Ende zum Gruppensieg. Die DDR verspielt ihre Chance schon im ersten Spiel beim 1:1 in Magdeburg gegen die drittklassigen Isländer.

WM 1978 in Argentinien. Deutschland-West ist als Titelverteidiger mal wieder kampflos dabei. Die DDR startet mit dem Selbstbewusstsein des Olympiasieges von Montreal, doch ein Elfmetertor reicht nur zu einem 1:1 gegen die Türkei. Dieser eine Punkt macht den Unterschied zu Gruppensieger Österreich.

EM 1980 in Italien. Der spätere Europameister blamiert sich in seinem ersten Spiel mit einem 0:0 bei den Maltesern, die nur dadurch auffallen, dass sie gleich drei Spieler namens Xuereb aufbieten. Rüdiger Abramczik gerät so stark mit DFB-Präsident Hermann Neuberger aneinander, dass seine Karriere in der Nationalelf schon mit 23 Jahren zu Ende geht. Die DDR gewinnt zwar 3:1 gegen Island, wird aber nur Dritter.

WM 1982 in Spanien. Beim souveränen 3:0-Sieg der Bundesdeutschen gegen Bulgarien schießt Verteidiger Manfred Kaltz zwei Tore. Die DDR quält sich zu einem 2:1 auf Malta, verliert dann aber zweimal gegen Polen, was das Ende für Trainer Georg Buschner bedeutet.

EM 1984 in Frankreich. Ungeheuerliches geschieht in Belfast. Das 0:1 gegen Nordirland ist die erste Niederlage einer DFB-Mannschaft in einem Qualifikationsspiel. Stewart schießt das Tor für die Nordiren, die auch das Rückspiel in Hamburg gewinnen, ebenfalls 1:0. Am Ende qualifizieren sich die Deutschen nur dank der besseren Tordifferenz.

WM 1986 in Mexiko. Franz Beckenbauer übernimmt die Macht beim DFB und wird seinem Ruf als Glückskind schon beim 2:0 im ersten Qualifikationsspiel gegen Schweden gerecht. Er wechselt den Gladbacher Uwe Rahn ein, der 19 Sekunden später mit seiner ersten Ballberührung im ersten Länderspiel das Führungstor erzielt. Beckenbauer wandelt an der Seitenlinie ähnlich entrückt, wie er das 1990 nach dem WM-Finale von Rom tun wird. Für die DDR deutet sich das Ende schon im ersten Spiel an, beim 2:3 in Leipzig gegen Jugoslawien.

EM 1988 in der Bundesrepublik Deutschland. Die DDR siegt 2:0 gegen Island und darf bis zum vorletzten Spiel auf die Qualifikation hoffen. Ein Sieg muss her gegen die sowjetischen Freunde. Nach Ulf Kirstens Führungstor lässt Torwart René Müller einen harmlosen Freistoß von Sergej Aleinikow passieren, die DDR wird wieder nur Zweiter.

WM 1990 in Italien. Beckenbauer bietet zwei Debütanten auf. Karlheinz Riedle schießt beim 4:0 in Finnland gleich ein Tor, Thomas Häßler erzielt später im letzten Qualifikationsspiel das 2:1 gegen Wales und verhindert damit ein Scheitern des späteren Weltmeisters. Die DDR gewinnt gleich 2:0 gegen Island und hat bis zum letzten Spiel alles in der Hand. Dann aber fällt die Mauer, die Spieler sind in Gedanken schon im Westen, und das alles entscheidende Spiel gegen Österreich geht 0:3 verloren.

EM 1992 in Schweden. Erstmals werden DDR und Bundesrepublik in eine gemeinsame Gruppe gelost, aber kurze Zeit später gibt es die DDR nicht mehr. Das vereinte Deutschland, nach Beckenbauers Worten über Jahre hinaus unschlagbar, startet noch ohne DDR-Spieler mit einem holprigen 3:2 in Luxemburg.

EM 1996 in England. Der Start zum vorerst letzten deutschen Titelgewinn gelingt denkbar mühsam. Ulf Kirsten schießt das erlösende 2:1 gegen Albanien.

WM 1998 in Frankreich. Ein letztes Mal führt Berti Vogts als Bundestrainer die Deutschen in eine Qualifikation. Die erfolgreiche EM-Mannschaft von Wembley ist weitgehend zusammengeblieben und siegt 5:1 gegen Armenien.

EM 2000 in den Niederlanden und Belgien. Mit Erich Ribbeck als Teamchef brechen die deutschen Chaosjahre an. Gleich im ersten Spiel gibt es eine 0:1-Niederlage in der Türkei. Das Siegtor erzielt Torhüter Oliver Kahn mit der eigenen Schulter.

WM 2002 in Japan und Südkorea. Weil Wunschkandidat Christoph Daum von Leverkusen noch keine Freigabe erhält, führt Rudi Völler die Deutschen in die Qualifikation. Die Fans feiern das 2:0 gegen Griechenland als Beginn einer neuen Ära. Sebastian Deisler schießt in Hamburg sein erstes Länderspieltor.

EM 2004 in Portugal. Am Anfang steht ein 2:0 in Litauen, das die „Süddeutsche Zeitung“ so kommentiert: „Allem Augenschein nach entsteht hier eine der besten Mannschaften in der 94-jährigen DFB-Geschichte.“ Was folgt, ist Völlers Mist-Käse-Scheißdreck-Rede auf Island und später sein Rücktritt.

EM 2008 in der Schweiz und Österreich. Getragen von der WM-Begeisterung siegt Deutschland in Stuttgart 1:0 gegen Irland. Lukas Podolski schießt das Tor des Tages. In der Nationalmannschaft ist er Stammspieler, beim FC Bayern sitzt er auf der Bank. So viel hat sich seitdem gar nicht geändert.

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