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Sport: Das Fernduell

Eishockey-Profi Hecht hat bei der WM einen virtuellen Gegner

Prag. Für viele deutsche Eishockey-Fans ist bei der Weltmeisterschaft in Prag klar, wer der Nationalmannschaft fehlt. Einer wie Marco Sturm, Starstürmer in der nordamerikanischen National Hockey League (NHL). Das wurde bei den Pausengesprächen in den Gängen der Sazka-Arena in Prag klar. „Der Sturm kurbelt das Spiel an, der reißt alle mit“, sagte ein Fan. In der Halle spielte gerade Deutschland gegen Lettland, das erste Drittel war vorüber, die Deutschen lagen 0:1 zurück. Weil Sturm fehlte. Und weil Jochen Hecht spielte. „Der Hecht spielt zwar ganz schön, aber doch nur für sich selbst. Der bringt es nicht.“ Der Hecht brachte es dann aber doch.

Jochen Hecht von den Buffalo Sabres, auch einem NHL-Team, traf im zweiten Drittel zum 1:1 gegen Lettland. Dabei blieb es bis zum Schluss. Nach dem Spiel war Hecht nicht unzufrieden. „Das war ein guter Punkt, die Letten haben eine gute Mannschaft. Aber natürlich weiß ich, dass wir hier gewaltig unter Druck stehen.“ Aber: Zwischenrunde erreicht, Zwischenziel erreicht. Und, trotz der Kommentare der Fans: An Hecht gab es bisher nichts zu kritisieren. Schon beim 4:2-Sieg gegen Kasachstan schoss der Stürmer ein Tor und wurde zu Recht als bester deutscher Spieler ausgezeichnet.

Jochen Hecht ist erwachsen geworden. Der 26-Jährige hat nichts mehr zu tun mit dem großen, schüchternen Mannheimer Jungen, der vor sechs Jahren von den Mannheimer Adlern zu den St. Louis Blues in die NHL wechselte. „Für Jochen ist Eishockey nicht bloß Wintersport, der arbeitet zwölf Monate an sich“, sagt der ehemalige NHL-Spieler Peter John Lee, in Prag als Schweizer Kotrainer beschäftigt. „Jochen hat aus seinem Talent alles gemacht, das sieht man ihm an.“

Der Weg zu einem überdurchschnittlichen NHL-Spieler war hart. In Nordamerika, wo hunderte Talente um die begehrten Plätze in den NHL-Teams rangeln, hat sich Hecht durchgebissen. 360 NHL-Spiele hat er schon hinter sich. Er ist angekommen in der besten Eishockey-Liga der Welt, auch wenn er die Geschäftswege in der NHL anfangs „sehr komisch fand“. Von St. Louis wurde er 2001 nach Edmonton „getradet“ – sozusagen im Paket mit anderen Spielern getauscht. Ein Jahr später kam er dann zu den Buffalo Sabres.

Hecht weiß, dass er wie kein anderer Feldspieler bei der WM unter Druck steht. Er steht aus Sicht der Fans im Fernduell mit Marco Sturm. Wer ist besser? Doch Sturm kann wegen eines Beinbruchs nicht in Prag spielen. „Selbst wenn Marco gesund wäre, würde er mit den Sharks in den Play-offs der NHL spielen“, sagt Hecht. Buffalo dagegen hat die Play-offs nicht erreicht. Und das, obwohl Hecht 15 Tore schoss, nachdem er zu Saisonbeginn sechs Wochen wegen eines Armbruchs hatte pausieren müssen. Aber Hecht sagt: „Es ist doch toll, dass ich nach sechs Jahren endlich mal wieder eine WM spielen kann.“

Hechts Reise nach Prag hat sich für das deutsche Team gelohnt. Auch wenn in den ersten Spielen der Eindruck entstand, dass die Mitspieler mitunter mit seinen Ideen überfordert waren. Mancher geschickte Pass des Linksaußen fand keinen Abnehmer. Hecht will die Kollegen aber nicht kritisieren. „Sie können doch nur von mir profitieren. Außerdem haben wir mit Olaf Kölzig einen der besten Torhüter bei der WM.“ Und dann hat Deutschland auch noch einen Jochen Hecht, der sagt, dass er Verantwortung übernehmen will: „Das können die Fans auch von mir erwarten.“

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