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Sport: Das Geld im Handgepäck

Von Hartmut Moheit Berlin. „Was heißt hier Umzug nach Monte Carlo, ich habe Monaco gleich gekauft.

Von Hartmut Moheit

Berlin. „Was heißt hier Umzug nach Monte Carlo, ich habe Monaco gleich gekauft.“ Jens Fiedler lacht, als er damit die Frage beantwortet, ob er nunmehr finanziell ein gemachter Mann sei. „Im Ernst, ich habe zwar gut verdient, aber eine Steuerflucht würde bei mir nichts bringen.“ Zweieinhalb Monate war der Radsprinter aus Chemnitz auf einer Keirin-Tour durch Japan, hat die Gesamtwertung der acht eingeladenen Ausländer gewonnen und dabei ganz gut verdient. Aber reich ist er dennoch nicht geworden. Der 32-Jährige konnte es sich sogar leisten, die gewonnenen Yen im Handgepäck nach Deutschland zu bringen. „Das war mir sicherer, als an irgendwelchen Bankschaltern Überweisungen auszufüllen“, erzählt er.

Etwas anderes wäre es, wenn Fiedler einen Vertrag als Keirinprofi für vier oder fünf Jahre bekommen würde, in jener Szene der so genannten Kampfsprinter, bei denen sechs Fahrer auch die Ellenbogen und Schultern einsetzen. Dann würde er zu den Großverdienern zählen. „Daraus wird aber nichts, solange die Japaner ihre Regeln nicht lockern“, sagt Fiedler. „Da wirst du nach einem Schulbesuch schriftlich und mündlich geprüft, ob du japanisch beherrschst, und dann darfst du auch nur maximal 28 Jahre alt sein. Da falle ich heraus. Schade, denn die Topleute in der Szene verdienen Millionen.“

Unzufrieden ist Fiedler dennoch nicht mit seinem Trip nach Japan, denn die sechs Siege „haben sehr viel Selbstvertrauen gebracht“. Vor allem der Erfolg in Nara, wo Fiedler sein 100. Keirinrennen in Japan mit Champagner feierte, ist ihm nachhaltig in Erinnerung geblieben. „Okay“, gibt er zu, „wir Ausländer halten in solch einer Situation schon zusammen, aber gewinnen muss man trotzdem erst einmal.“

Erstaunlich, wie sich das Ganze auf den Olympiasieger von 1992 und 1996 ausgewirkt hat. Beim anschließenden Weltcup in Kolumbien besiegte er im Keirin mit dem Franzosen Gané den großen Favoriten. „Ich fühle mich einfach blendend, habe keine Verletzungen und bin lange auch nicht mehr gestürzt“, beurteilt Jens Fiedler seine Situation.

Wie gut sich Fiedler fühlt, soll von heute an erst einmal die einheimische Konkurrenz um Ex-Weltmeister Jan van Eijden bei der Deutschen Meisterschaft auf dem 250-m-Holzoval in Büttgen zu spüren bekommen. „Ich bin richtig geil auf die Titel Nummer 18 und 19, vor allem den neunten im Sprint“, sagt Fiedler und bittet damit gleichzeitig seine Frau um Verständnis. Sie bekommt ihr zweites Kind. Ursprünglich wollte Fiedler bei der Geburt dabeisein. „Ich warte nur auf den Anruf, dann rase ich die 500 Kilometer von Büttgen nach Chemnitz“, hatte er versprochen, „selbst wenn es kurz vor dem Finale passiert.“ Das hat er sich nun anders überlegt: „Meine Frau versteht mich, wenn ich doch nicht dabei bin.“

Im September möchte Jens Fiedler in Kopenhagen erneut Weltmeister werden. Und der Champion erhält garantiert wieder eine Einladung zur finanziell attraktiven Keirin-Tour im nächsten Frühjahr nach Japan.

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