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Das Geschäft mit der Manipulation von Sportereignissen floriert weltweit.

© dpa

Das Geschäft mit Spielmanipulationen boomt: Knarren in der Kabine

Weltweit werden durch manipulierte Spiele Milliarden umgesetzt. Mittlerweile haben nämlich auch traditionelle Mafiaorganisationen die lukrativen Wetten für sich entdeckt - und auch bei der Weltmeisterschaft sind Tricksereien nicht ausgeschlossen.

Wie gefährlich es sein kann, Teil einer Fußballmannschaft zu sein, mussten vor rund drei Jahren die Spieler des damaligen griechischen Erstligisten Olympiakos Volos erfahren. Sie saßen in der Umkleidekabine und ahnten nicht, dass sie gleich vom Vereinsbesitzer Achilleas Beos mit einer Pistole bedroht würden und gezwungen werden sollten, ein bestimmtes Ergebnis in der nachfolgenden Partie herzustellen. Dies ist zwar ein extremes Beispiel der versuchten Manipulation im Sport. „Aber das Problem gibt es überall. Kein Verband, keine Liga ist davor gefeit“, sagt Maximilian Schmitt.

Der Marketingexperte ist bei Sportradar beschäftigt, einem Unternehmen, das weltweit den Sportmarkt hinsichtlich der Wettbewegungen überwacht und mögliche Manipulationen auch für die Europäische Fußball-Union (Uefa) und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) aufdecken soll. Seine Erkenntnis: Die Versuche von Wettern, direkten Einfluss auf Sportereignisse zu nehmen, ist weiterhin ungebrochen. Sein Unternehmen beobachtet rund um den Globus jährlich rund 60 000 Spiele unterschiedlicher Sportarten. Am Tag werden bei Sportradar fünf Milliarden Datensätze überwacht. Im Schnitt bei rund 350 Spielen pro Jahr werden Hinweise auf kriminelle Einflussnahme gefunden. „Die Tendenz ist leider steigend“, sagt Schmitt. 9154988

750 Milliarden Euro wurden 2013 umgesetzt

Wie lohnend das illegale Geschäft für die internationale Wettmafia sein kann, zeigen die Summen, die weltweit im Wettgeschäft umgesetzt werden. Im vergangenen Jahr wurden rund 750 Milliarden Euro umgesetzt, von denen 70 Prozent in Asien eingesetzt wurden. Die übrigen 30 Prozent verteilen sich auf den Rest der Welt. Allein im Fußball wurden mit Wetten 400 Milliarden Euro generiert. Doch auch in Deutschland ist die Sportwette beliebt. 30 Milliarden Euro wurden hier 2013 umgesetzt, alleine auf die Fußball-Bundesliga konzentrierten sich 15 Milliarden Euro. Weitere sechs Milliarden wurden in der Zweiten Liga umgesetzt. Allein am Tag des Champions-League-Finales 2013 zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München haben Wetter eine Milliarde Euro bei den Wettanbietern auf das vermeintlich richtige Ergebnis gesetzt.

Die Wege, die die Wettmafia einschlägt, um Einfluss auf Spiele nehmen zu können, sind perfide. „Manchmal sind es ehemalige Profis, die in den Sumpf geraten sind und die ihre eigentliche Vorbildfunktion ausnutzen, um Spieler zu manipulieren“, sagt Sylvia Schenk, Korruptionsbekämpferin bei Transparency International Deutschland und dort verantwortlich für den Bereich Sport. Es gibt aber vor allem die Fälle, bei denen sich Mittelsmänner an Spieler heranwagen, ein freundschaftliches Verhältnis aufbauen und dann eine persönliche Schwäche wie Finanznot, Beziehungsstress oder andere private Probleme ausnutzen, um Druck auszuüben und zu bestechen. Erst sollen sie auf dem Feld kleine Fehler begehen, später dann spielentscheidende.

Auch bei der WM werden Manipulationen erwartet

Und die Skrupellosigkeit der Kriminellen scheint schier unbegrenzt zu sein. „Es gab in in Bielefeld den Fall, dass einem Jugend-Spieler gedroht wurde, dass sein kleiner Bruder nicht mehr nach Hause kommen würde, wenn das Spiel nicht eine bestimmte Richtung nimmt“, sagt Laura Thoma von der DFL. Thoma hat vor vier Jahren ein Präventionsprojekt gegen Spielmanipulation initiiert, bei dem Trainer, Spieler und Vereinsangehörige für dieses Thema sensibilisiert werden sollen und regelmäßige Schulungen erhalten. „Aufgrund der Erfahrungen aus anderen Ländern wollen wir erreichen, dass diese Manipulationen hier nicht auch zu einem Problem werden“, sagt Thoma.

Gerade in Bereichen, in denen kein Spitzensport geboten wird und die Gehälter deutlich geringer sind, ist die Gefahr am größten, dass Spieler schwach werden und den finanziellen Verlockungen verfallen. So sind häufig auch die Amateurligen betroffen, weil sie so gut wie keiner Kontrolle unterliegen. Vor nicht allzu langer Zeit gab es einen Fall in einer der Regionalligen, bei dem Wetter durch drei aufeinanderfolgende Spielmanipulationen rund 500 000 Euro ergaunerten. „Wir müssen ein Umfeld schaffen, das solche Manipulationen ablehnt. Die Erfahrung zeigt: Wenn das Umfeld für Fairplay steht, dann fällt es einem Einzelnen sehr schwer, sich darüber hinwegzusetzen“, sagt Sylvia Schenk und setzt damit auf Prävention.

Gefahr besteht bei schlechter bezahlten Spielern

Ein Trend dürfte der gesamten Fußballbranche allerdings erheblichen Anlass zur Sorge bereiten. Die mafiösen Organisationen rücken immer mehr von ihren ursprünglichen kriminellen Tätigkeiten ab und widmen sich mehr und mehr der Wett- und Spielmanipulation. „Die Gefahr, dabei entdeckt zu werden, ist nicht so groß. Und die Gewinne sind höher“, sagt Wettmarkt-Beobachter Maximilian Schmitt.

Sogar vor Spielmanipulationen bei der anstehenden Fußball-WM in Brasilien warnt Schenk. „In den Gruppenspielen kann das passieren. Gerade dann, wenn die Qualifizierten feststehen und nur noch konkrete Ergebnisse abgesprochen werden müssten“, sagt Schenk. Die Gefahr bestünde zwar nicht bei den großen Fußballnationen, aber bei kleineren Ländern, die ihre Spieler nicht so gut und manchmal auch verspätet bezahlen, sei durchaus eine Anfälligkeit der Spieler möglich. Die Profis von Olympiakos Volos sind übrigens glimpflich und unverletzt aus der Sache herausgekommen. Der Verein stieg in der Folge allerdings in die vierte Liga ab. Vereinsboss Beos wurde lebenslang gesperrt.

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