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Sport: Das Gold glänzt nicht mehr

Wenn sich der Dopingverdacht gegen Grit Breuer bestätigt, verlieren viele Staffelmedaillen ihren Wert

Berlin - Es könnte passieren, dass einige deutsche Leichtathletinnen bald ihre wertvollsten Medaillen von der Wand nehmen und zurückschicken müssen. Claudia Marx gehört zu ihnen, Birgit Rockmeier, Shanta Ghosh und Florence Ekpo-Umoh. Gemeinsam haben sie, dass sie mit Grit Breuer zusammen in der deutschen 4-mal-400-Meter-Staffel gelaufen sind. Gegen Breuer ermittelt der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) derzeit wegen Dopingverdachts. Wenn sich der Verdacht bestätigen sollte, müssten darunter wohl auch Breuers frühere Kolleginnen leiden. „Gut möglich, dass wir dann einige Staffelmedaillen verlieren“, sagte Dagmar Freitag, sportpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und DLV-Vizepräsidentin. Eine Aberkennung stellt regeltechnisch kein Problem dar. „Laut den Regularien des Leichtathletik-Weltverbandes können Leistungen bei Dopingvergehen bis zu acht Jahren rückwirkend aberkannt werden“, sagte DLV-Präsident Clemens Prokop.

Wie bekannt wurde, sollen sich in den Prozessakten von Breuers Lebensgefährten und ehemaligem Trainer Thomas Springstein Anhaltspunkte dafür finden, dass die 400-Meter-Läuferin seit 1998 unter dem Einfluss von leistungssteigernden Mitteln stand. Breuers Anwalt Peter-Michael Diestel hat sich bereits beim DLV gemeldet. „Er hat Akteneinsicht beantragt und alle Vorwürfe zurückgewiesen“, sagte Anne Jakob, die Justiziarin des DLV. Die Akten sind Diestel aber schon bekannt. Er hatte am Jahresanfang den Trainer Springstein vor dem Amtsgericht Magdeburg verteidigt. Springstein war wegen der Dopingvergabe an eine Minderjährige zu einer Bewährungsstrafe von 16 Monaten verurteilt worden. In seinem Haus vor den Toren Magdeburgs, in dem er gemeinsam mit Breuer wohnte, hatte die Polizei zahlreiche Dopingsubstanzen, Spritzen und Vergabepläne für Dopingmittel gefunden.

Bis zu ihrem Karriereende im Dezember 2005 zählte Breuer zu den zuletzt erfolgreichsten deutschen Leichtathletinnen. Herausragend waren ihre Leistungen als Schlussläuferin der 4-mal-400- Meter-Staffel. 1997 wurde sie mit der Staffel in Athen Weltmeisterin, bei den Weltmeisterschaften 1999 und 2001 belegte sie mit der Staffel Platz drei und zwei, ehe sie das Quartett bei den Europameisterschaften 2002 in München noch einmal zum Titel führte. Shanta Ghosh, die mit Breuer zusammen 2001 in Edmonton Staffelsilber gewann, sagte: „Wenn es zu einer Verurteilung kommt, wäre es zwar schade für die Staffel. Aber es ist gut, dass der DLV so konsequent bei einem Dopingverdacht vorgeht.“

Es gibt allerdings Befürchtungen, dass sich Breuer einem Sportgerichtsverfahren durch Vereinsaustritt entziehen könnte, so wie es Springstein Anfang der neunziger Jahre getan hatte. „Das können wir dann nicht ändern“, sagte Jakob.

Nils Schumann, im Jahr 2000 Olympiasieger im 800- Meter-Lauf, hat mit seinem Manager Frank Thaleiser Akteneinsicht beim DLV genommen. Schumann hatte 2003 und 2004 mit Springstein trainiert. „Nachdem der erste Schock nach dem Öffnen des Briefes vom DLV vorbei ist, möchte ich im direkten Gespräch zur Aufklärung beitragen“, teilte Schumann mit. „Ich bin überzeugt, dass sich der Anfangsverdacht nicht bestätigt.“ Auch sein Manager Thaleiser zweifelt an den Vorwürfen: „Nils Schumann war 2003 und 2004 bei Springstein. 2003 ist er zwei Mal operiert worden, 2004 ist er gar nicht gelaufen. Ich frage mich daher, was das soll.“ Unterdessen hat der DLV den Namen der dritten Person veröffentlicht, gegen die er Ermittlungen aufgenommen hat. Es ist die 400-Meter-Hürdenläuferin Ulrike Urbansky. DLV-Justiziarin Jakob schloss nicht aus, dass gegen weitere Athleten ermittelt werden könnte. „Alle, bei denen ein Verdacht besteht, haben wir angeschrieben.“

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