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Sport: Das Herz schlägt nicht

In Athen will sich noch keine richtige Olympiastimmung einstellen – viele Plätze bleiben leer

Klaus und Erika Hortian sind enttäuscht. Die beiden Olympiatouristen sitzen in einer Imbissbude auf dem zentralen Olympiagelände Oaka und legen bei 38 Grad Hitze eine Pause ein. Das Ehepaar aus Köln hat sich seit seiner Pensionierung vorgenommen, so viele Olympische Spiele zu besuchen wie möglich. Atlanta und Sydney haben beide schon gesehen, in Athen aber fällt es ihnen schwer, in Olympiastimmung zu kommen. „Uns hat der Olympische Geist noch nicht so sehr erreicht“, sagt Erika Hortian, „es fehlen Griechen bei diesen Spielen.“

Traditionell schlägt das Herz der Spiele auf dem jeweiligen Olympiagelände. In Athen ist es das Oaka-Freigelände in Maroussi außerhalb des eindrucksvollen neuen Olympiastadions. Es besteht aus Imbissbuden, Sponsorengeschäften, Open-Air-Fernsehstudios und einer Konzertbühne. Doch dieses Herz schlägt nicht. „Es sind zu wenig Menschen auf dem Gelände“, sagt Erika Hortian. Bisher füllte es sich lediglich nach den Schwimmwettbewerben. Allerdings nur für kurze Zeit. Das Oaka-Freigelände ist kein Ort, an dem man sich länger aufhält, das Stadtzentrum ist zu weit entfernt. „Es fehlt das olympische Flair“, sagt Erika Hortian. Das könnte auch daran liegen, dass man nur mit einer Eintrittskarte auf das Olympiagelände darf. In Sydney war das Gelände für alle Besucher frei, überall in der Stadt standen Bildschirme. „Hier bekommt man gar nichts mit von den Wettbewerben“, sagt Klaus Hortian.

Doch nicht nur auf dem Freigelände fehlen die Besucher. Auch beim Hockey, Beachvolleyball oder Tennis sehen nur wenige zu. Ganz auffällig ist es beim Bogenschießen, wo sich ein paar hundert Zuschauer im altehrwürdigen Panathinaikos-Stadion verlieren. Das Stadion hat 50 000 Plätze. Allerdings zählt Bogenschießen nicht zu den aufregendsten Sportarten dieser Welt. Andere Disziplinen wie Schwimmen und Leichtathletik sind sehr gut besucht, die Basketballhalle quillt sogar über – wenn das griechische Team spielt. Im Spiel gegen die US-Profis mussten die Zuschauer sich auf die Treppenstufen setzen. Kurioserweise strömen die Fans auch zum Wildwasser- Kanu auf dem Helliniko Olympic Complex, wo die Veranstalter eine wunderschöne Anlage an die Athener Küste gebaut haben.

Viele Athener aber sind gar nicht in der Stadt. Im August fahren sie traditionell in ihre Heimatorte auf der Peloponnes oder auf die griechischen Inseln. Die Veranstalter hatten genau das eingeplant, um das Verkehrsaufkommen bei den Spielen zu berechnen. Tatsächlich funktionieren die Spiele organisatorisch gut. Dafür fehlt die Stimmung.

Offiziell sind von den 5,3 Millionen Tickets 3,1 Millionen verkauft worden. Die leeren Ränge sprechen eine andere Sprache. Womöglich haben zahlreiche Schwarzhändler Tickets aufgekauft, die sie nun im Stadtzentrum zu höheren Preisen anbieten. Der Sprecher des Athener Organisationskomitees Athoc leugnet das. „Es gibt keine inoffiziellen Ticketverkäufe“, sagt Michalis Zacharatos, „wer Karten teurer verkauft, muss uns oder der Polizei gemeldet werden.“ Ein amerikanischer Journalist findet das erstaunlich: „Das müssen die dümmsten Schwarzhändler der Welt sein, die ihre Tickets ohne Gewinn verkaufen.“

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