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Sport: „Das ist noch nicht alles“

Der deutsche Sprint-Bundestrainer Uwe Hakus über den Dopingskandal in den USA

Die USAnti-Doping-Agentur will im Dezember dutzende Doping-Sünder namentlich entlarven. Trotzdem betrachten Sie das Ganze als Show für die Fans. Weshalb?

Na gut, das Wort Show ist vielleicht doch übertrieben. Aber ich denke, dass da bloß die Spitze des Eisbergs abgetragen wird und dann nicht mehr viel kommt. Darüber wird gesprochen, damit man ein Alibi für die Öffentlichkeit hat. Zunächst ging es bei den Vorwürfen gegen die Firma Balco, die angeblich das THG hergestellt hat, um Steuerfragen. Erst dann rückte die Dopingproblematik ins Scheinwerferlicht.

Aber seit der US-Leichtathletik-Verband nicht mehr selber die Dopingpolitik bestimmen darf, hat sich doch eine Wende zum Positiven entwickelt.

Ja, sicher ist das passiert. Es hat ja auch von vielen Verbänden genügend Druck auf internationale Gremien gegeben, mehr bei der Dopingbekämpfung zu tun. Gerade der deutsche Verband hat da ziemlich viel Druck ausgeübt. Das war schon gut. Aber die Frage ist doch: Reichen die bisherigen Fortschritte aus? Oder muss man noch viel mehr tun?

Das könnten Sie ja feststellen, wenn Sie US-Sportler treffen. Das passiert oft genug. Stellen Sie denn bei denen eine gewisse Unruhe fest? Nehmen die Athleten die Kontrollen inzwischen ernster als früher?

Wenn ich dabei bin, wird über das Thema Doping grundsätzlich nicht gesprochen. Das Thema wird totgeschwiegen.

Sie gehen davon aus, dass den Fans und den Medien in diesem Skandal höchstens ein paar Bauernopfer vorgelegt werden. Wer sind für Sie die Hauptschuldigen?

Das ist schwer zu sagen. Es sind ja keine Hauptschuldigen sichtbar, auf die man mit Nachdruck zeigen könnte. Möglicherweise gibt es die Kategorie Hauptschuldige auch gar nicht. Da ist ja vieles miteinander verbunden.

In ein paar Monaten finden Olympische Spiele statt. Die größten Sponsoren des IOC sind US-Konzerne. Rechnen Sie damit, dass ab Mai in den USA auf einmal Ruhe beim Thema Doping herrscht?

Ja, damit rechne ich.

Rechnen Sie auch damit, dass die deutschen Sprinter, die erheblich schärfer kontrolliert werden als die US-Stars, in Zukunft wenigstens ein bisschen den Abstand zu den Top-Stars verringern können? Als Folge etwas schärferer Kontrollen in den USA?

Man darf sich keine Illusionen machen. Es wird schwer werden, den Abstand zu verringern. Einfach deshalb, weil das Dopingproblem international schwer zu beherrschen ist. Und dennoch: Ich bin sicher, dass ein deutscher Sprinter 10,0 Sekunden über 100 m laufen kann. Aber wir müssen trainingsmethodisch weiter neue Wege beschreiten. Dann werden wir auch konkurrenzfähiger. Nicht alles ist ein Dopingproblem.

Wie motivieren Sie eigentlich Ihre Sprinter? Die kommen mit viel Mühe unter 10,20 Sekunden und haben damit nicht den Hauch einer Chance gegen Weltklasseathleten, von denen viele im Verdacht stehen, gedopt zu sein.

Ganz einfach. Die sollen daran arbeiten, dass sie mit fairen Mitteln ihre Leistung steigern und an ihre Grenzen kommen. Die haben ihre Stärken, und die sollen sie ausreizen. Ich bin sicher, dass auch ein deutscher Sprinter 10,0 über 100 m und 20,10 Sekunden über 200 m laufen kann. 2003 hat Alexander Kosenkow 10,14 Sekunden erreicht und Tobias Unger immerhin 20,41 Sekunden.

Aber bei der WM in Paris war vor allem Unger weit weg von seiner Leistungsgrenze. Es gab viel Kritik an den Leistungen der deutschen Athleten. Ab welchem Punkt allerdings empfinden Sie diese Kritik als Heuchelei? Sie sagen, die gleichen Kritiker, die einen harten Anti-Doping-Kampf fordern, kritisieren massiv, wenn ein deutscher Athlet nicht ins Finale kommt.

Ich habe keinen Tunnelblick. Ich kann sehr genau differenzieren. Als heuchlerisch empfinde ich Kritik, wenn man völlig das Dopingproblem ignoriert und von uns damit Resultate verlangt, die wir unmöglich erreichen können. Aber wir müssen uns berechtigt der Kritik stellen, wenn ein Athlet beim internationalen Höhepunkt nicht in Bestform ist. Dann sind auch wir Trainer angreifbar.

Das Gespräch führte Frank Bachner.

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