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Sport: Das letzte Nervenspiel

Im olympischen Finale verlässt die deutschen Handballer die Konzentration – gegen Kroatien unterliegen sie 24:26

Zwanzig Meter können sehr lang werden, wenn man eine olympisches Finale verloren hat: Handball-Nationalspieler Stefan Kretzschmar schlurft durch einen weißen Gang in der Helliniko-Olympiahalle, neben ihm geht Volker Zerbe mit gesenktem Kopf. Als Letzter schreitet Bundestrainer Heiner Brand durch die blaue Tür, seine Hände hält er nachdenklich hinter dem Rücken verschränkt. Fast eine Minute braucht die deutsche Handball-Nationalmannschaft, um zwanzig Meter zu überwinden. Der Weg zur Siegerehrung ist ein schwerer Gang.

Die deutsche Handballer gewannen bei den Olympischen Spielen die Silbermedaille, doch zumindest gestern konnte sie sich noch nicht richtig darüber freuen. „Man hätte sich unsterblich machen können“, sagte Torhüter Henning Fritz nach der 24:26 (12:11)-Niederlage im Finale gegen den Weltmeister Kroatien. „Ich weiß nicht, wie oft man so eine Chance hat.“ Die aktuelle Mannschaft wird diese nicht mehr bekommen.

„Jetzt ist Schluss, jetzt ist es vorbei“, sagte Kretzschmar, der mit neun Treffern erfolgreichster deutscher Torschütze war. Volker Zerbe, Christian Schwarzer und Klaus-Dieter Petersen beendeten nach dem gestrigen Finale ebenfalls ihre Karriere in der Nationalmannschaft. „Ich habe meine Silbermedaillensammlung jetzt komplett", sagte Stefan Kretzschmar. Der Linksaußen war zuvor mit Deutschland schon mal Zweiter bei einer Europameisterschaft und bei der Weltmeisterschaft geworden

So war das Finale von Athen das letzte Spiel einer erfolgreichen Handballgeneration. Darin hatte bis zur 37. Minute gut ausgesehen, als Stefan Kretzschmar das Tor zum 16:13 geworfen hatte. Doch danach machten sich die Schwächen der deutschen Mannschaft im Rückraum, die sich schon durch das gesamte Turnier zogen, besonders negativ bemerkbar. „Pascal Hens hat uns nach seinem Ausfall sehr gefehlt“, sagte Bundestrainer Heiner Brand. Die Kroaten konnten zum 20:20 (51.) ausgleichen, und als Markus Baur einen Tempogegenstoß nur mit einem Foul stoppte, eine Zweiminutenstrafe sowie einen Siebenmeter kassierte, ging das Spiel verloren. Die Kroaten setzten sich fünf Minuten vor dem Ende mit zwei Toren ab und gaben diesen Vorsprung nicht mehr her. „In den letzten 15 Minuten hat uns die Luft gefehlt“, sagte Christian Schwarzer.

Henning Fritz hatte in der zweiten Halbzeit gegen die angriffsstarken Weltmeister nichts ausrichten können. Der Torwart wurde neben Schwarzer ins Allstarteam des Turniers gewählt.

„Man muss die Niederlage so akzeptieren“, sagte Brand, „mit einem Moment Abstand freuen wir uns auch über Silber.“ Nach dem Europameistertitel im Februar hat er mit seinem Team bereits das zweite Finale in diesem Jahr gespielt. „Wir haben hier Hervorragendes geleistet“, sagte Brand, „die Mannschaft hat in Deutschland große Begeisterung entfacht, ich denke, dass wird dem Handball noch einen weiteren Schub geben.“ Der Bundestrainer steht jetzt vor der Aufgabe, für die WM 2005 eine neue Mannschaft zusammenzustellen. Brand sagte: „Jetzt geht eine neue Zeitrechnung los.“

Christian Schwarzer wird beim Neuaufbau nicht mehr dabei sein. „Ich hätte gerne mein letztes Spiel mit einer Goldmedaille abgeschlossen“, sagt der Kreisläufer, „aber da war ja auch noch ein starker Gegner.“ Der Handball-Hüne geht ein letztes Mal als Nationalspieler in die Umkleidekabine. Kurz wendet er sich noch einmal an die Journalisten. „Vielen Dank für alles“, sagte Schwarzer. Nichts zu danken.

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