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Sport: Das Rätsel

Die Spieler von Hansa Rostock haben mentale Probleme – und Trainer Juri Schlünz schweigt

Berlin/Stuttgart - Horst Klinkmann lief am Montag durch den Wald. Er war auf der Jagd, aber eigentlich, so gab der Aufsichtsratsvorsitzende des FC Hansa Rostock zu, „will ich auch ein bisschen abschalten“. Das ist notwendig, denn Hansa Rostock ist Tabellenletzter und befindet sich im zehnten Bundesliga-Jahr in Abstiegsnot. Am Sonntag fügte sich die Mannschaft in Stuttgart in eine 0:4–Niederlage. Und Trainer Juri Schlünz fehlten danach die Worte. Einem Fernsehteam, das ihn nach seiner Zukunft fragen wollte, lief er einfach davon.

„Wir stehen vor einem Rätsel“, sagt der Mediziner Klinkmann in überraschender Offenheit. Abgesehen vom einstigen Erfolgsstürmer Martin Max stünden dem Trainer die gleichen Spieler zur Verfügung wie in der vergangenen Saison, als sie einen neunten Rang belegte. Klinkmann sagt: „Das Zusammenspiel der Beine mit den Köpfen der Spieler funktioniert aber in diesem Jahr nicht.“

Auch Trainer Juri Schlünz fand am späten Sonntagabend in Stuttgart keine Erklärung. „Was muss jetzt passieren?“, fragte ein Reporter den Trainer und hatte die nächste Frage, die nach der Zukunft des Trainers, wohl schon auf den Lippen. Schlünz sah sein Gegenüber ausdruckslos an. „Wir müssen das nächste Spiel gewinnen“, raunte er. Dann folgte ein raumgreifender Schritt nach rechts, und Schlünz war im Kabinengang entschwunden. Zuvor hatte er in Stuttgart auf dem Podium gesessen und sich öffentlich unwohl gefühlt. „Bei einem 0:4 fällt es schwer Dinge zu sehen, die positiv waren.“ Nach wochenlangen Debatten um seine Person wirkte Schlünz abweisend und genervt. „Das war in vielen Situationen nicht bundesligareif", sagte er über das Auftreten seines Teams. Man habe sich nach einer guten ersten Hälfte selbst geschlagen. „Aber, wenn man unten steht, geht man an viele Dinge nicht so selbstbewusst ran.“ Damit meinte Schlünz wohl auch den verhängnisvollen Fehlpass von Hill, den Stuttgarts Cacau zum 3:0 genutzt hatte. Die Rostocker Profis hatten das Desaster gar nicht erst kommentieren wollen. Schlünz fand das normal: „Manchmal muss man verstehen, wenn Spieler nach einem solchen Spiel keine Lust mehr haben.“

Klinkmann dagegen will nicht hinnehmen, dass sich alle still in den Abstieg fügen. „Dies ist eine entscheidende Woche“, sagt der Aufsichtsratschef. Am Mittwoch tritt Hansa im Pokal bei LR Ahlen an, am Sonntag kommt der HSV ins Ostseestadion. Sollten auch dann das Zusammenspiel zwischen Köpfen und Beinen nicht funktionieren, wird Schlünz sich wohl von seinem Posten lösen müssen. Schließlich muss sich die Vereinsführung am 25. November auf der Mitgliederversammlung für die Krise rechtfertigen. Der Trainer denkt offenbar schon ans Aufgeben. „Juri macht sich viele Gedanken“, verrät Klinkmann. „Es ist fast so, dass wir ihm Mut machen müssen.“

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