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Sport: „Das rockt richtig“

Tobias Angerer ist in seiner Langlaufgruppe in Oberhof zum Weltklasse-Sportler gereift

Wer mit Tobias Angerer ein Zimmer teilt, lebt auf keinen Fall ruhig. Der Langläufer ist ein großer Musikfreund, allerdings bevorzugt er die härtere Note. Gegenwärtig hört er das neue Album „See You on the Other Side“ der amerikanischen Nu-Metal-Band Korn. „Das rockt richtig“, sagt Angerer „dazu kann ich entspannen.“ Bleibt die Frage, ob sein Team- und Zimmerkollege René Sommerfeldt in solchen Augenblicken einen ähnlichen Entspannungszustand erreicht. Angerer sagt: „Er hört jetzt das Gleiche wie ich.“

Nicht nur musikalisch ist Tobias Angerer in dieser Saison ein Vorbild. Der 28 Jahre alte Sportsoldat führt zurzeit den Gesamtweltcup im Langlauf an, vier Weltcupsiege konnte er in dieser Saison bereits verbuchen. Heute beim Sprintwettbewerb in Nove Mesto, Tschechien, könnte allerdings der norwegische Sprintspezialist Tor Arne Hetland einige Punkte auf Angerer gut machen, morgen über 15 Kilometer dürfte es wieder umgekehrt laufen. Doch der Sieg im Gesamtweltcup steht ohnehin nicht ganz oben auf Angerers Prioritätenliste. „Mein Ziel ist eine Medaille bei den Olympischen Spielen, das ist für mich ein Kindheitstraum“, sagt der Läufer aus Traunstein im Chiemgau, der übrigens nicht verwandt ist mit dem ehemaligen Biathleten Peter Angerer.

Nach seinen Leistungen in dieser Saison zählt Tobias Angerer zu den Favoriten für Turin. Seine starke Form überrascht ihn nicht. „Ich komme von einem hohen Niveau, ich war in der letzen Saison immerhin Vierter im Gesamtweltcup“, sagt er. Den Sprung an die Weltspitze aber verdankt er seinem Wechsel in die Oberhofer Trainingsgruppe unter Stützpunkttrainer Kuno Schreyl. „Dort musste ich die letzten Reserven rauskitzeln.“ Jedes Training mit Axel Teichmann, dem amtierenden Weltcupsieger, Jens Filbrich, Andreas Schlütter und Franz Göring kam einem Rennen gegen die Weltspitze gleich. Und umgekehrt: Als die deutschen Läufer am 10. Dezember in Vernon, Kanada, einen Fünffachsieg erliefen, sagte Angerer: „Das war wie eine Oberhofer Trainingseinheit.“

In Oberhof hat er sich auch im klassischen Stil deutlich verbessert. Um im Training mit Axel Teichmann mitzuhalten, musste er dessen Tempo, Rhythmus und Stil aufnehmen. „Das war ein Zusammenspiel“, sagt Angerer, „dadurch habe ich automatisch meine Technik verbessert.“ Die Langläufer von Bundestrainer Jochen Behle bilden ohnehin schon seit drei Jahren die absolute Weltspitze. In Angerer führt nun der dritte Deutsche in Folge den Gesamtweltcup an. In der vergangenen Saison lief Axel Teichmann dem Rest davon, davor war dies René Sommerfeldt gelungen. Als Grund dafür nennt Angerer die Harmonie im Team. „Wir verstehen uns alle sehr gut, das ist auch wichtig, wenn man 200 Tage pro Jahr miteinander verbringt.“ Auch im Fall Filbrich, für den der Deutsche Skiverband gegenwärtig vor dem Internationalen Sportgerichtshof um eine Ausnahmegenehmigung kämpft, weil dessen Blut einen konstant überhöhten Hämoglobinwert aufweist, hielten die deutschen Läufer zusammen. „Als er in Lillehammer eine Schutzsperre erhielt, haben wir versucht, ihn wieder aufzubauen“, sagt Angerer.

Für ihn ist Langlaufen eine natürliche Tätigkeit. Er muss sich bewegen, im Sommer spielt er Tennis für einen Kreisligaklub oder verbessert sein Golf-Handicap. „Ich kann nicht lange stillsitzen, ich brauche die Bewegung an der frischen Luft“, sagt Angerer – und wirkt ungeduldig. Das Gespräch dauert ihm bereits zu lange. Er möchte wieder laufen.

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