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Sport: Das Schweigen der Versager

Die deutschen Favoriten rudern nur hinterher

Athen - Enrico Schnabel führte eine Flasche zu seinem Nacken. Dann kippte er Wasser über seinen Hals, so langsam, als liefe alles in Zeitlupe ab. Er saß auf dem Steg in der Sonne und blickte ohne erkennbares Ziel in die Gegend. Hinter ihm saß Jörg Dießner, die Beine angewinkelt, den Blick auf den Boden gerichtet. Am Ende des Stegs ließen Ulf Siemes und Sebastian Schulte die Beine ins Wasser baumeln. So sehen stolze Goldmedaillenkandidaten aus. Leute, die ihr Selbstbewusstsein daraus ziehen, dass sie im Deutschland-Achter sitzen. Vor Athen hatte Schlagmann Michael Ruhe gesagt: „Wir wollen Gold!“ Dabei hatte der Deutschland-Achter vor vier Jahren nicht mal die Qualifikation für Olympia geschafft. Deshalb ging es in Athen auch um eine glanzvolle Rehabilitierung. Was dann folgte, war die nächste Blamage: Es reichte nur zu Platz vier.

Es war der Tag der bitteren Favoritenstürze. Der deutsche Frauen-Achter, Weltmeister von 2003: Fünfter. Der deutsche Doppelvierer der Männer, Weltmeister 2003: auch Fünfter. Aber das symbolträchtigste Bild war der Augenblick, als acht endlos enttäuschte Männer ihr Boot fast sieben Sekunden hinter dem Sieger USA ins Ziel brachten. „Vielleicht haben wir am Start zu viel Kraft verloren“, sagte Stephan Koltzik. „Wir waren doch körperlich topfit.“

Die deutschen Frauen im Achter kämpfen ständig, um aus dem Schatten der Männer herauszukommen. Aber als sie den strahlenden Kontrapunkt hätten setzen können, fuhren sie so schlecht, dass sie sich hinterher nicht mal mehr äußern wollten. Wenigstens tauchte Andre Willms aus dem Doppelvierer auf. Statt Gold wurde es Platz fünf, elf Sekunden hinter Olympiasieger Russland. „Du merkst am Start schon, wenn es nicht läuft“, sagte Willms. „Und das kannst du dann nur mit unheimlichem Aufwand aufholen.“ Die Deutschen holten gestern gar nichts auf. Sie traten nur leise ab.

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