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DAS SPIEL MEINES LEBENS: BRANKO OBLAK: 17. 06. 1976, Jugoslawien – Deutschland 2:4 n.V. Branko Oblak, 65, ehemaliger jugoslawischer Fußballspieler

Das Spiel gegen Deutschland war einerseits Segen, weil wir vor heimischem Publikum ins EM-Finale einziehen konnten! Und andererseits Fluch, weil wir unbedingt gewinnen sollten!

Das Spiel gegen Deutschland war einerseits Segen, weil wir vor heimischem Publikum ins EM-Finale einziehen konnten! Und andererseits Fluch, weil wir unbedingt gewinnen sollten! Die politische Führung hatte uns mehrfach darauf hingewiesen, wie wichtig diese Begegnung für unser Land sei, eine Frage der Ehre. Und niemand wusste, was uns im Falle einer Niederlage passieren könnte. Der Druck hätte also größer nicht sein können. Ich kannte viele der deutschen Spieler aus der Bundesliga: Maier, Breitner, Beckenbauer. Hatten wir gegen diese Weltauswahl eine echte Chance? Nein! Und doch lagen wir bald mit 2:0 vorn. Mit dem Pausenpfiff erhoben sich die Zuschauer und klatschten Beifall, es war ein einziger Freudentaumel. Ich erinnere mich noch, wie ich dann in der Kabine vor den deutschen Einwechselspielern warnte und niemand auf mich hören wollte. Dann war es der eingetauschte Flohe, der den Anschlusstreffer erzielte. Mit einem Mal wurde es im Stadion still. Als Müller dann das 2:2 köpfte, ging bei uns endgültig die Angst um. Die Beine wurden schwerer und schwerer. In der Verlängerung wurde ich dann ausgewechselt. Ich starrte von draußen auf das Spielfeld – und lieber Gott, irgendwie mussten wir es doch bis ins Elfmeterschießen schaffen. Schließlich das 3:2 für die Deutschen. Das Stadion fletschte die Zähne, und die Polizei postierte sich bereits auf der Laufbahn. Es war nun alles möglich und wir rechneten mit dem Schlimmsten. Vor lauter Panik habe ich das 2:4 gar nicht mehr mitbekommen. Dann Schlusspfiff. Und – das sage ich heute mit größter Verwunderung und voller Dankbarkeit – die große Katastrophe blieb aus. Klar, es hat einige Drohanrufe gegeben, und meine Mitspieler, die noch in Jugoslawien spielten, hatten lange Angst davor, das Haus zu verlassen. Doch Fluch und Segen, sie verknüpften sich im Laufe der Jahre auf wundersame Weise zu einer entschleunigten Wahrheit.

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