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TENNIS-DAVIS-ESP-GER-FERRERO-BECK

© AFP

Davis-Cup: Deutschland scheitert an Spanien

Deutschlands Davis-Cup-Team verpasst im Viertelfinale gegen den hohen Favoriten Spanien die Überraschung und verliert in Marbella 2:3. Philipp Kohlschreibers begeisternder Fünfsatz-Sieg gegen Fernando Verdasco reicht nicht. Neuling Andreas Beck unterliegt Juan Carlos Ferrero klar.

Die plötzliche Stille in der Stierkampfarena von Puerto Banus wirkte befremdlich. Zwei Tage lang schien der ohrenbetäubende Lärm, den 12 000 ausgelassene spanische Fans auf den Rängen zelebrierten, nie zu enden. Doch der Schreck über das, was sich nun vor ihnen auf dem roten Ascheplatz abspielte, hatte die Menge tatsächlich verstummen lassen. Sie musste mitansehen, wie Philipp Kohlschreiber ihren Topspieler Fernando Verdasco phasenweise vorführte und im dritten Viertelfinal-Einzel eine seiner stärksten Leistungen im Davis-Cup überhaupt zeigte. Dass Kohlschreiber nach einer souveränen 2:0-Führung plötzlich einbrach, weckte die Lebensgeister Verdascos und die der Fans gleichermaßen. Der sicher geglaubte Erfolg schien ihm im Glutofen von Marbella zu entgleiten, doch Kohlschreiber rettete in einem vierstündigen Kraftakt den 2:2-Ausgleich mit seinem 6:4, 6:2, 1:6, 2:6 und 8:6-Sieg.

Die Nummer eins hielt die Hoffung der deutschen Mannschaft so am Leben, doch sie wurde schnell zerstört: Andreas Beck unterlag im entscheidenden Einzel Juan Carlos Ferrero mit 4:6, 4:6 und 4:6. „Das ist sehr enttäuschend“, sagte Beck, „ich werde eine Weile brauchen, das zu verkraften.“ Die Zuschauer verloren sich in stürmischem Freudentaumel, während sich Beck tief enttäuscht tröstende Schulterklopfer bei seinen Teamkollegen Nicolas Kiefer, Philipp Kohlschreiber und Mischa Zverev abholte, die nicht minder betrübt wirkten. Sie hatten die große Chance verpasst, den hohen Favoriten zu bezwingen, der sich ohne den verletzten Weltranglistenzweiten Rafael Nadal nicht so überlegen präsentierte wie erwartet. Doch der Überraschungssieg gelang den Herausforderern nicht, und so sind es die Spanier, die im Halbfinale auf Israel treffen. Teamchef Patrik Kühnen setzte in Marbella auf die Debütanten Beck und Zverev, und die Entscheidung erwies sich als taktischer Fehler. Beiden zitterten in der imposanten Stierkampfarena die Nerven, sie kamen nicht an ihre Normalform heran. Und nun sollte Beck auch noch dem Druck standhalten, das entscheidende Match gewinnen zu müssen. Es gelang dem 23-Jährigen nicht. Der wiedererstarkte ehemalige Weltranglistenerste Ferrero benötigte nur eine solide Leistung, um Beck deutlich zu bezwingen.

„Beide haben sich nach ihren Ergebnissen der Sandplatzsaison ihren Einsatz verdient“, verteidigte Kühnen seine Entscheidung. Auch die Option, im Einzel Kiefer spielen zu lassen, mit dem die Gastgeber fest gerechnet hatten, stand nie zur Debatte. Kohlschreiber, der als Nummer eins im Team Verantwortung übernehmen wollte, bot sich am Samstag für die Doppelpartie mit Kiefer an. Doch Kühnen entschied sich für Zverev, der jedoch gehemmt und verunsichert spielte.

Dass Kohlschreiber mit zwei überragenden Matches dennoch als Verlierer zum Turnier nach Stuttgart weiterfährt, ist die Crux einer Mannschaftssportart. Doch besonders mit der Partie gegen Verdasco hat Kohlschreiber seinen Willen untermauert, sich tatsächlich wie angekündigt „für das Team reinhängen“ zu wollen. Nicht immer hatte man das jenem Spieler zugetraut, der lange mehr als Störenfried in der deutschen Mannschaft empfunden wurde. „Philipp hat außergewöhnlich gespielt“, lobte Kühnen.

Über zwei Sätze hinweg hatte Kohlschreiber auf höchstem Niveau und mit atemberaubenden Tempo seinen spanischen Kontrahenten zur Verzweiflung getrieben. Aufschlagstark zeigte sich Kohlschreiber, kam immer wieder mit seiner starken Rückhand zu sehenswerten Punkten. Dennoch wurde der erste Durchgang zum zähen Ringen, bis zum 3:3 waren bereits 45 Minuten vergangen und Verdasco musste währenddessen schon sechs Breakbälle abwehren. Nach einer Stunde hatte Kohlschreiber den Satz gewonnen und setzte den Spanier nun noch mehr unter Druck. Alles gelang dem 25-jährigen Augsburger, der zweite Durchgang verlief im Eilverfahren. Die folgende Toilettenpause brachte ihn allerdings völlig aus dem Rhythmus und Verdasco setzte aus dem Nichts zur Aufholjagd an. „Ich mache das sonst nie während eines Matches“, sagte Kohlschreiber, „das passiert mir nie wieder. Das unterscheidet mich wohl noch von den ganz großen Spielern.“ Er gab schnell den dritten und vierten Satz ab, ehe er sich doch wieder fing. Ein vergebener Matchball und ein Rebreak brachten ihn nicht mehr aus der Ruhe. „Ich bin immer sehr stolz, für Deutschland zu spielen“, erklärte er. Es wird bis März 2010 auf seinen nächsten Einsatz warten müssen.

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